© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 53/15-01/16 vom 25. Dezember und 1. Januar 2016

Zeitschriftenkritik: Faszination Bibel
Das Geheimnis ist nicht zu begreifen
Werner Olles

Rot leuchten die Kuppeln der kleinen Kirche vor dem blauen Himmel, und zusammen mit dem Grün der Umgebung ergibt sich ein wunderbares Farbenspiel. Die Kirche der Zwölf Apostel gehört zur griechisch-orthodoxen Kirche. Sie steht am Ufer des Sees Genezareth, unweit des archäologischen Areals, das die „Wohninseln“ aus dem ersten Jahrhundert n. Chr., das Haus des Petrus und die alte Synagoge umfaßt. Die viermal jährlich erscheinende Zeitschrift Faszination Bibel (Untertitel: „Das Buch der Bücher lieben lernen“) schildert in ihrer aktuellen Ausgabe (Dez. 2015–Febr. 2016) im Schwerpunktthema „Den roten Faden im Leben finden“, wie viele Spuren aus der Zeit von Jesus in Jerusalem heute noch erhalten sind. Sie geben einen Einblick in den jüdischen Alltag und zeigen, wo Jesus sich damals bewegt hat.

In dem Beitrag „Von uralten Steinen und stürzenden Mauern“ wird ein archäologischer Park beschrieben, der sich im Schatten des Tempelbergs befindet. In der Bibel wird der Ort „Ophel“ genannt, Keramikscherben aus unterschiedlichen Zeiten blieben dort in Felsspalten und Höhlen liegen. Gräber wurden mit Beigaben bestückt und auch Depots wurden angelegt. Offenbar unterschieden die Menschen immer schon zwischen heiligen und alltäglichen Dingen. Krüge, Schalen, Figurinen, Opfergaben und anderes, was nicht verbrannt werden konnte, begrub man rituell und warf es nicht einfach weg. Solche Depots sind Fundgruben im wahrsten Sinne des Wortes. Die Interpretation der bestatteten Gegenstände ist zwar nicht einfach, zeigt aber die ganze Bandbreite der religiösen Gepflogenheiten längst vergangener Zeiten. Als Herodes den Tempel erneuerte und vergrößerte, wurde die alte Bebauung zum Teil bis auf den Felsen abgegraben. Ein monumentaler Treppenzugang zur Plattform entstand. Auch durch die Huldatore, die heute verschlossen in die Mauer integriert sind, konnten die Gläubigen so zum Tempel gelangen. 

Ein weiterer Beitrag befaßt sich mit der Jungfrauengeburt oder genauer: der jungfräulichen Empfängnis, über die sich Generationen von Theologen und anderen Gelehrten den Kopf zerbrochen haben. Aber auch durchschnittliche Bibelleser atmen erst einmal tief durch, wenn sie auf diese Frage stoßen. Doch das Rätsel löst sich ein wenig, wenn man darauf achtet, wie die Bibel an anderen Stellen vom Heiligen Geist spricht. Zwar ist das Geheimnis für uns nie ganz zu begreifen, weil wir Menschen nichts Vergleichbares kennen, auf das wir zurückgreifen könnten. Doch der Schöpfer, der durch sein Wort und seinen Geist die Welt ohne Vorbild und ohne Voraussetzungen aus dem Nichts erschaffen hat, wird in der Geburt von Jesus Christus noch einmal kreativ. Er tut etwas Einmaliges, für uns Unfaßbares. Er will selbst Mensch werden. Begreifen werden wir das Geheimnis niemals. Aber ist das überhaupt nötig? Viel wichtiger erscheint doch die Frage, warum Gott in die Zeugung von Jesus derart massiv eingreift, daß er sogar die Gesetze der Biologie außer Kraft setzt.

Kontakt: SCM Bundes-Verlag, Bodenborn 43, 58452 Witten. Das Einzelheft kostet 6,70 Euro, ein Jahresabo 22,80 Euro. 

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