© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 53/15-01/16 vom 25. Dezember und 1. Januar 2016

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Otello brennt vor Eifersucht, er will Desdemona ermorden, bekommt aber angesichts der schlafenden Schönheit Skrupel. Erst als sie erwacht und es zwischen den beiden zu einem weiteren Mißverständnis kommt, steigert sich Otello erneut in seinen Eifersuchtsrausch hinein und ersticht Desdemona. – Wie Cecilia Bartoli und Rolando Villazón diese Szene in der Berliner Philharmonie aufführen, ist so theatralisch packend, das mir buchstäblich der Atem stockt. Es war der Gipfel des zuvor schon begeisternden Programms der beiden Weltstars und das Klassik-Highlight des zu Ende gehenden Jahres. Die italienische Mezzosopranistin, unangefochtene Königin der Koloratur, und der Tenor aus Mexiko sangen Ouvertüren, Arien, Duette aus Werken von Mozart, Rossini, Donizetti und Bellini. Mag Villazón auch hier und da geschwächelt haben, die Bartoli war grandios, und beide zusammen eine Wucht. Einfach überirdisch schön. Zu Cecilia Bartolis Verzierungskunst notierte der Tagesspiegel hernach treffend, sie habe „längst die höchste Stufe der Verfeinerung erreicht, ihr Vortrag ist perfekt ausgezirkelt bis hin zum Flirt mit dem Publikum, wenn sie ihren eigenen Trillern hinterher- schaut, als wären es vorbeiflatternde Spatzen.“

„Demokratie ist so was von überschätzt.“ (Serienfigur Frank Underwood, gespielt von Kevin Spacey, in „House of Cards“)

Vorschau auf die erste Jahreshälfte 2016, personaliter: Los geht’s im Januar mit vier Terminen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Im Theater des Westens steht das Musical „Chicago“ auf dem Programm, eine Woche später spielt die Staatskapelle Berlin mit Daniel Barenboim am Klavier Werke von Robert Schumann und Gustav Mahler. Ende des Monats folgen die Metaller von Manowar („loudest band in the world“) und drei Tage darauf an der Deutschen Oper Puccinis „Turandot“. Apropos Metal: Glanzlichter im kommenden Jahr werden Iron Maiden (31. Mai) und Black Sabbath (8. Juni) sein. Beide Kultbands kommen in die Waldbühne, die Karten dafür sind ebenfalls bereits gebunkert. Den Höhepunkt der Opernsaison bildet Wagners „Ring“-Tetralogie in Guy Cassiers’ größtenteils fabelhafter Inszenierung („Rheingold“ fällt gegenüber den anderen drei Teilen etwas ab) an der Staatsoper Berlin. Ein Kinobesuch dürfte sich unter anderem lohnen für den Fantasyfilm „The Huntsman & The Ice Queen“ mit Chris Hemsworth, Emily Blunt und Charlize Theron (21. April) sowie Roland Emmerichs Sequel „Independence Day 2: Wiederkehr“ (14. Juli).