© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 53/15-01/16 vom 25. Dezember und 1. Januar 2016

Alptraum Segeltörn
Kino: „Unter Freunden“ von Olivier Baroux
Claus-M. Wolfschlag

Zu einem sommerlichen Segeltörn nach Korsika lädt der wohlhabende Richard (Daniel Auteuil) seine beiden alten Freunde Gilles (Gérard Jugnot) und Philippe (François Berléand) sowie deren Ehefrauen ein. Zu der Gruppe in gehobenem Alter gesellt sich Richards neue und wesentlich jüngere Freundin Daphnée (Mélanie Doutey) hinzu, was zu leichten Irritationen führt. Die Stimmung ist ausgelassen, nur Philippes Frau Astrid (Zabou Breitman) erweist sich von Anfang an als feministisch angehauchte Zicke, die sich weniger um ihren Mann als ihr Handy schert. Ein nächtliches Gesellschaftsspiel offenbart erste Risse im Gefüge der Reisegruppe, doch als ein Sturm aufzieht und der Bootsführer durch einen Unfall bewußtlos wird, entsteht Hektik unter den anfänglich um Harmonie bemühten Freunden. Aus verdeckten Sticheleien wird offenes Unverständnis, und schließlich rastet der Gastgeber vollkommen aus.

Regisseur Baroux äußerte, was ihn an dem Stoff interessierte: „Die Beengtheit auf dem Boot; die Schwierigkeit, tagelang auf offenem Meer auszuharren; das schlechte Wetter; Leute, die seekrank werden, oder Leute, die immer an Deck bleiben wollen, egal wie stark es stürmt (…) So eine Situation kann sich schnell zuspitzen: Die ersten beiden Tage kann es super laufen, aber wenn man weiß, daß es noch weitere Tage auszuhalten gilt, kann sich alles schnell zum Alptraum wandeln.“

Ein guter Film ist „Unter Freunden“ dennoch nicht geworden. Dazu ist er zu seicht und unentschlossen. Für ein Drama sind die Figuren zu oberflächlich und mit Klischees behaftet. Für einen Abenteuerfilm nimmt der Sturm ein zu geringes Gewicht ein. Und für eine Komödie sind die Gags zu sparsam dosiert. So drehte der 51jährige Regisseur vor allem einen braven Unterhaltungsfilm für die Generation 50plus, der einige schöne Aufnahmen vom Urlaub auf dem Meer, einige Dialoge mit verhalten eingestreutem Humor und eine Prise Seelenbalsam durch seine Hymne an die Freundschaft beinhaltet. Eine Art „Traumschiff“ in klein also.