© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 53/15-01/16 vom 25. Dezember und 1. Januar 2016

Frisch gepresst

Berlin um 1750. Geboren 1719 in Daber, im hinterpommerschen Kreis Regenwalde, gestorben 1783 in Berlin, verbrachte Stephan Richard Bandow sein Leben als Kaufmann in der Hauptstadt Preußens. Dem geistig regen Pfarrerssohn, aufgeklärter Pragmatiker und orthodoxer Lutheraner in einer Person, genügte der Handel mit Stoffen jedoch nicht, um den Tag zu füllen. Nebenher fühlte sich der Bürger Bandow für das Gemeinwohl verantwortlich, und zwar weniger für seinen Berliner Stadtbezirk als für den Staat Friedrich des Großen. Für den hatte er eine Unzahl von Reformvorschlägen parat, die er aber, da nicht zur literarischen Intelligenz zählend, nicht öffentlich unterbreitete, sondern einer dicken Kladde anvertraute. Diese wurde über 200 Jahre im Familienbesitz gehütet, fand aber jetzt in Arnold Nauwerck ihren Editor. Sehr zur Freude von Mentalitätshistorikern, denen Bandows zeitkritische, so gar nicht von „preußischer Ordnung“ zeugende Kommentare, die weder den großen König noch den Adel, Geistliche, Bürger, Hugenotten und Juden, Offiziere, Mediziner, Huren, Freigeister und Bauern verschonen, nun bemerkenswerte Eindrücke vom Lebensgefühl der friderizianischen Epoche vermitteln können. (wm)

Arnold Nauwerck (Hrsg.): Aus der Kladde des Berliner Kaufmanns Stephan Richard Bandow (1719–1783). Selbstverlag, Mondsee 2015, broschiert, 203 Seiten, 8,99 Euro




Heuschrecke. Die Umschlaggestaltung des Buches über den US-Vermögensverwaltungskonzern Black Rock und erst recht sein Untertitel („Eine heimliche Weltmacht greift nach unserem Geld“) mutet wie ein einschlägiger Titel aus dem Bereich der Verschwörungsliteratur an. Tatsächlich ist das hintergründige Firmenporträt der New Yorker Zeit-Korrespondentin Heike Buchter über diese überaus einflußreiche „Schattenbank“ ein atemberaubender Einblick in die finster anmutende Welt der Politik von milliardenschweren Finanzjongleuren, die ihr Vermögen rücksichtslos in anderen Wirtschaftssektoren „arbeiten“ lassen, weshalb der damalige SPD-Chef ihnen das schöne Synonym der „Heuschrecke“ verpaßte. Buchter offenbart kenntnisreich, wieweit das Imperium des früheren Wallstreet-Emporkömmlings Larry Fink nicht nur das US-Finanzsystem kontrolliert, sondern seinen Einfluß zunehmend in den Unternehmen der „Deutschland AG“ geltend macht. (bä)

Heike Buchter: Black Rock. Eine heimliche Weltmacht greift nach unserem Geld. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2015, gebunden, 280 Seiten, 24,99 Euro