© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 02/16 / 08. Januar 2016

Zeitschriftenkritik: Schweizer Monat
Lust an der Debatte
Werner Olles

Als Schweizerische Monatshefte 1921 gegründet, erschien die Zeitschrift ab 1931 als Schweizer Monatshefte und heißt seit 2011 Schweizer Monat (Untertitel: „Die Autorenzeitschrift für Politik, Wirtschaft und Kultur“). In der Tradition des klassischen Liberalismus stehend, setzt sie sich für „Werte wie Eigenverantwortung, Wahl- und Meinungsfreiheit, Föderalismus und direkte Demokratie“ ein. Beeindruckend liest sich das Spektrum ehemaliger und aktueller Autoren: Nobelpreisträger wie Friedrich August von Hayek und Mario Vargas Llosa, Literaten wie Hermann Hesse und Adolf Muschg, Wissenschaftler und Intellektuelle wie Karl Popper, Theodor W. Adorno, Norbert Bolz, Herfried Münkler und Peter Sloterdijk kamen und kommen genauso zu Wort wie das SVP-Urgestein Christoph Blocher oder der Sozialdemokrat Gerhard Schröder. Politisch reicht das Spektrum der Zeitschrift von Adorno bis Arnold Gehlen, wobei die liberale Tradition die Lust an der Debatte nach Kräften fördert.

An dieser Maxime läßt sich auch die aktuelle Ausgabe (Nr. 1032, Dezember 2015/Januar 2016) messen. Der Philosoph René Scheu, Herausgeber und Chefredakteur der Zeitschrift, betont in seinem Editorial, daß „die kulturelle Selbstbehauptung der freien Welt derweil bloß in vagen Konturen erkennbar ist“. Das vom Frieden verwöhnte Europa wähne sich weiterhin „in einem traumähnlichen Zustand der gesellschaftlichen Nachgeschichtlichkeit“. Man werbe für „universelle Offenheit und Toleranz“ – und gebe damit doch nur zu verstehen, daß man angesichts der Grausamkeit der islamischen Terroristen mental kapituliert habe. Scheu nennt eine solche Haltung „nicht tolerant, sondern dumm“. Wolle man wirklich Ernst machen mit der vielzitierten Liberalität, so habe man zuallererst wieder zu lernen, den islamischen Terror in der ganzen Grausamkeit seines Handelns ernst zu nehmen.

Dagegen stehe jedoch unsere „erstarrte Denk- und Debattenkultur“. Diese „politisch korrekte Überstrapazierung des Diskurses“ gehöre ebenso überwunden wie die mittlerweile offensichtlich mehrheitsfähige Haltung des universalen Kulturrelativismus. Scheu plädiert daher für eine Verachtung, die ihre Feinde ernst nimmt, wie sie auch der Philosoph Carlo Strenger vertritt: „Zivilisierte Verachtung ist die Fähigkeit, zu verachten, ohne zu hassen oder zu dehumanisieren.“

Während sich Gunnar Heinsohn mit der Kostenexplosion im Asylwesen befaßt, plädiert der Germanist Gerhard Pfister für die Beibehaltung des Bargeldes, da „zur persönlichen Freiheit im Grundsatz immer auch Anonymität gehört“, und debattieren der Rechtstheoretiker David Dürr und die Politikwissenschaftlerin Dagmar Schulze Heuling über das „anarchistische Gedankenexperiment“. Einen Einwurf aus „katholisch-liberaler Sicht“ wagt Martin Rhonheimer, Professor für Ethik an der päpstlichen Hochschule Santa Croce in Rom: Der Begriff „Kapitalismus“ habe gerade aus christlicher und sozialer Perspektive eine Rehabilitierung verdient. So sollte die Kirche vermehrt zu Freiheit und Eigenverantwortung ermutigen.

Kontakt: SMH-Verlag, Rotbuchstr. 46, CH-8037 Zürich. Einzelheft 19 Euro, Jahresabo 165 Euro. 

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