© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/16 / 15. Januar 2016

Ein Koffer voller Mißtrauen
Bildungspolitik: Auch in Sachsen-Anhalt sollen künftig bereits Kita-Kinder mit unterschiedlichen Spielarten der Sexualität konfrontiert werden
Martin Voigt

Kurz vor den Landtagswahlen im März hat nun auch Sachsen-Anhalt einen Aktionsplan, der die Akzeptanz sexueller Vielfalt bei Kindern und Jugendlichen zum Ziel hat. Vor allem in Bildungseinrichtungen soll damit „gegen Homo- und Transphobie“ vorgegangen werden. Kitas werden dafür eigens mit entsprechenden Büchern und pädagogischen Materialien aus sogenannten Kita-Koffern ausgestattet. Eltern befürchten indes, daß Kinder zu früh mit sexuellen Verhaltensweisen konfrontiert werden.

Bereits vor einem Jahr hatten Linkspartei und Grüne die CDU-geführte Landesregierung in Magdeburg aufgefordert, den vom „Lesben- und Schwulenpolitischen Runden Tisch“ erarbeiteten Aktionsplan umzusetzen. Die fertige Version wurde nun von Sachsen-Anhalts Justizministerin Angela Kolb (SPD) dem Kabinett vorgelegt. Das bundesweite Ziel der hinter den Plänen stehenden Lesben- und Schwulenverbände (LSVD) ist es, an Schulen für die Akzeptanz sexueller Vielfalt zu sorgen. Über die Aktionspläne vergewissern sie sich der finanziellen Unterstützung durch die jeweilige Landesregierung. Die Begründung ist stets dieselbe: Sexuelle Minderheiten würden in der heteronormativen Lebenswelt Jugendlicher Gewalt erfahren. 

Vorbehalte gegen externe Aktivisten wächst

Deshalb sollen präventiv schon die Jüngsten mit der Vielfalt sexueller Orientierungen und mit verschiedenen Familienmodellen vertraut gemacht werden.

Wie detailliert werden meinem Kind die Spielarten zwischenmenschlicher Sexualität vermittelt? Das ist eine Frage, die Eltern zunehmend umtreibt, egal ob ihr Kind in die Kita, die Grundschule oder aufs Gymnasium geht. Immer neue sexualpädagogische Methoden- und Materialiensammlungen, die bekannt werden, verstärken zudem die Zweifel, daß es den Autoren nur um Antidiskriminierung geht. Neoemanzipatorische Sexualwissenschaftler wie Uwe Sielert aus Kiel setzen sich für die aktive sexuelle Bildung von Kindern ein. Ihr Einfluß zieht sich durch eine lange Reihe sexualpädagogischer Materialien, die wegen ihres Fokus auf der kindlichen Sexualität und Masturbation als schamverletzend und mißbrauchsfördernd in die Kritik geraten sind. 

Neu in dieser Reihe ist die „Kindergartenbox – Entdecken, Schauen, Fühlen!“, die im vergangenen Jahr  von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzGA) vorgestellt worden ist. Darin sind neben Büchern, DVDs und Spielen zur sexuellen Vielfalt auch die mit Genitalien ausgestatteten Stoffpuppen Lutz und Linda enthalten, die die Aufmerksamkeit der Kinder auf den Genitalbereich und die sexuelle Interaktion lenken.

Laut Justizministerium Sachsen-Anhalt können die Koffer ab dem nächsten Jahr von den Kitas angefordert werden. „Die Methoden-Koffer sollen zur Sensibilisierung von Mitarbeitenden in Kindertageseinrichtungen zu den Themenfeldern Geschlechter- und Familienvielfalt eingesetzt werden“, hieß es auf Anfrage der JUNGEN FREIHEIT. Die Koffer könnten „individuell gefüllt“ werden, entsprächen aber der von der BzGA herausgegebenen Kindergartenbox.

Vom Aktionsplan zur Umsetzung in den Bildungseinrichtungen sind es einige Schritte, doch das Menschenbild der Verfasser gibt die pädagogische Intention vor. „Von Sexualwissenschaftlern wird angenommen, daß die Mehrheit der Menschen gleichgeschlechtliche Neigungen latent mehr oder weniger stark in sich trägt“, heißt es im Aktionsplan Sachsen-Anhalts. Umfragen „aus der Bundesrepublik Deutschland“ würden belegen, daß sich bis zu einem Viertel der Menschen „in einem fließenden Kontinuum zwischen den beiden Polen Hetero- und Homosexualität“ bewegen.

Die Vorbehalte gegenüber der Sexualpädagogik externer Aktivistengruppen und Organisationen wächst. Jedes Raufen und Toben unter Jungen, jede schwärmerische Mädchenfreundschaft könnte als homoerotische Neigung interpretiert und entsprechend pädagogisch forciert werden. Nicht nur der LSVD auch Pro Familia und die BzGA fordern und fördern die sexuelle Vielfalt – besonders unverblümt, wenn Teenager die Adressaten sind. Bunte Broschüren betonen, wie normal es sei, „längere Zeit mit beiden Geschlechtern“ zu experimentieren.