© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/16 / 15. Januar 2016

Steuerzahler wollen nicht für die Asylkrise zahlen müssen
Wo ist die deutsche Teaparty?
Ronald Gläser

Tausende Kolonisten haben sich im Spätherbst 1773 am Hafen von Boston eingefunden, um gegen den englischen Import-Tee zu demonstrieren. Tee war zwar beliebt, aber die Kolonisten hatten es satt, von England aus mit Verboten und Steuern belegt zu werden. „Keine Besteuerung ohne Mitsprache“, lautete ihr Schlachtruf, der in der Boston Tea Party gipfelte, bei der mutige Männer die Handelsschiffe enterten und die kostbare Fracht über Bord warfen. Dieser Akt verlieh der amerikanischen Unabhängigkeitsbewegung den nötigen Schwung. Am Ende wurden die Kolonien frei. 

Was kaum einer weiß: London war den Kolonisten entgegengekommen und hatte die Steuer so gesenkt, daß der legale Preis für Tee niedrig genug war, um mit dem holländischen Schmuggler zu konkurrieren. Es ging also bei der Boston Tea Party nicht mehr wirklich darum, einen höheren Preis für ein Gut entrichten zu müssen, sondern ums Prinzip – um die Fremherrschaft.

Und in Deutschland 2016? Die Einnahmen des Staates stiegen in der ersten Jahreshälfte 2015 um 23,5 Milliarden oder 3,7 Prozent auf 662 Milliarden Euro. Rekord. Schon in den Jahren davor gab es zahlreiche Rekordeinnahmen. Deswegen schreiben regierungsfreundliche Zeitungen wie die FAZ jetzt, Wolfgang Schäuble habe „einen Milliardenüberschuß erwirtschaftet“. Und CDU-Politiker wie Julia Klöckner behaupten, der Steuerzahler müsse nicht für die Flüchtlinge zahlen, da „der Bund gut gewirtschaftet“ habe.

Nein, hat er nicht. Er hat nichts gespart. Er gibt immer mehr aus. Und er verdient auch nichts, sondern er preßt es aus seinen Bürgern heraus. Der Durchschnittsdeutsche muß mehr als die Hälfte seines Einkommens sofort wieder an den Staat abgeben. Besserverdiener und Singles zahlen noch mehr. Das ist nicht sozial, sondern eine moderne Form der Sklaverei.

Es ist also nur angemessen, wenn die Deutschen jetzt eine Steuersenkung für sich einfordern, die ihnen schon 2005 zugestanden hätte werden müssen, dem Beginn der Comebacks des deutschen Wirtschaft. Aber nie war genug Geld da. 2006 nicht. 2007 nicht. Und so weiter. Zehn Jahre lang nicht. Aber jetzt ist plötzlich genug Geld für mehr als eine Million Asylbewerber da? Das geht nicht mit rechten Dingen zu. Es sollte auch hier jetzt ums Prinzip gehen: Solange für die Deutschen keine Erleichterungen drin sind, gehen sie in den Steuerstreik.

Es gibt immer Möglichkeiten, die Steuern zu verkürzen oder später zu entrichten. Denken wir nur an die Rundfunksteuer, deren Bezahlung viele Tausende seit 2013 verweigern. Oder an die vielen Möglichkeiten, Steuern und Sozialabgaben zu sparen. Der Erfolg der Baumarktketten ist ja nicht vom Himmel gefallen. Es muß nicht immer gleich eine so harte Maßnahme wie die Boston Tea Party sein, die übrigens auch erst mehrere Jahrzehnte später so genannt wurde. Manchmal wird den Bürgern erst im nachhinein klar, was ihre Vorfahren durch ihr mutiges Handeln erreicht haben.