© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/16 / 15. Januar 2016

Vor einem Jahr gab die Schweiz den Franken-Mindestkurs auf
Die wahre Euro-Inflation
Jörg Fischer

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) wird für das Geschäftsjahr 2015 nach provisorischen Berechnungen einen Verlust in der Größenordnung von 23 Milliarden Franken ausweisen“, teilte die eidgenössische Zentralbank vorige Woche mit. Das ist die wohlverdiente Strafe dafür, daß die SNB am 15. Januar 2015 den Festkurs (1 Euro = 1,20 Franken) aufgab und das Schweizervolk sich hartnäckig dem EU- und Eurobeitritt verweigert, argumentieren Unabhängigkeitsverächter.

Doch der Jahresverlust ist geringer als die Ausschüttungsreserve von 27,5 Milliarden Franken. Daher kann die als Aktiengesellschaft organisierte SNB ihren privaten Anteilseignern eine Dividende von 15 Franken pro Aktie zahlen und eine Milliarde an Bund und Kantone ausschütten. Und: Die Wertverluste beruhen im wesentlichen auf den hohen Euroanlagen in der SNB-Bilanz, die im Zuge der Festkurspolitik aufgekauft wurden. Die Dollarbestände haben hingegen sogar einen kleinen Gewinn beschert. Sprich: Der Außenwert des Euro ist erneut gefallen, und die Schweizer tun gut daran, ihren Franken nicht der EU zu opfern.

Hätten die Bundestagsparteien – mit Ausnahme der PDS und Sachsens im Bundesrat – 1998 nicht der D-Mark-Abschaffung zugestimmt, wäre auch dem deutschen Volk einiges erspart geblieben. Wer 1990 für 116.480 D-Mark 100.000 Franken kaufte und im Safe deponierte, erhält heute 91.957 Euro – das wären 180.000 fiktive D-Mark, also über die Hälfte mehr. Daß die D-Mark ähnlich wie der Franken aufgewertet hätte, leugnen nicht einmal eingefleischte Euro-Befürworter. Aber die deutsche Exportindustrie hätte nicht solche Erfolge eingefahren, wird entgegnet – ja, aber Ausfuhrdumping ist keine Dauerlösung. Wahrscheinlich hätte die Bundesbank nicht wie die SNB den Fehler begangen, exorbitant auf dem Devisenmarkt zu intervenieren. Und selbst wenn – die Verluste wären viel geringer als das, was die permanente Euro-Rettung kostet.