© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/16 / 15. Januar 2016

Zeitschriftenkritik: Schlesien heute
Aussöhnung zwischen Polen und Deutschen
Werner Olles

Wie die deutsch-polnische Verständigung vorangebracht wurde, bewiesen neben den Heimatvertriebenen auch die polnischen Bischöfe im November 1965 durch einen mutigen Brief an ihre deutschen Amtsbrüder. In einem Interview mit Erzbischof Alfons Nossol wird in der aktuellen Ausgabe (1/2016) der monatlich erscheinenden Zeitschrift Schlesien heute an diese noble Geste erinnert. „Wir vergeben, und wir bitten um Vergebung“, schrieben die Bischöfe im Namen der polnischen Katholiken (JF 50/15).

Die kommunistische Führung sah darin Staatsverrat. Es fehle „jede Spur von wahrem Patriotismus“, erklärte die Partei, der an einer Aussöhnung zwischen Polen und Deutschen nicht gelegen war. Besonders kritisiert wurde, daß Polen als „Bollwerk des Christentums“ bezeichnet wurde. Tatsächlich war die Initiative der Bischöfe zutiefst christlich, ging jedoch vielen Polen, auch katholischen Intellektuellen, zu weit. Erst Kardinal Wyszynski wagte bei einer Predigt vor 100.000 Pilgern in Tschenstochau die Frage: „Wollen wir vergeben, oder vergeben wir nicht?“ Nach kurzer Stille fingen die Gläubigen an zu skandieren: „Wir vergeben!“ 

Ferner berichtet die Zeitschrift über die Auflösung des Lagers Zgoda vor 70 Jahren (dem vormaligen KZ Eintrachthütte), der Ende November mit einer Messe in der Sankt-Peter-und-Paul-Kirche in Schwientochlowitz und einer Gedenkveranstaltung gedacht wurde. Ab Februar 1945 wurden in Oberschlesien Deutsche willkürlich verhaftet, Tausende kamen in das Lager Zgoda, viele kamen dort zu Tode oder wurden gefoltert.

Die Schlesier gedachten auch des 2006 verstorbenen Politikers Herbert Hupka und dessen 100. Geburtstag am 7. Dezember 2015. Aufgrund der Wirren des Ersten Weltkriegs auf Ceylon geboren, früh den Vater verloren und mit seiner Mutter von den Nationalsozialisten, polnischen Nationalisten und Kommunisten verfolgt und vertrieben, war Hupka zeitlebens ein überzeugter Katholik und Patriot. Alfred Theisen, Verleger und Chefredakteur von Schlesien heute, der lange für Hupka tätig war, erinnerte an die schwierige Zeit vor 1989, als nicht nur die kommunistische Propaganda, sondern auch meinungsbildende Stimmen in Westdeutschland Hupka und jeden, der an der deutschen Einheit festhielt, in die rechte Ecke stellten.

Ein weiteres Jubiläum beschäftigt sich mit dem Verband der Deutschen in Polen, der jetzt sein 25jähriges Bestehen feiern konnte. Sein zehn Jahre währender Kampf, mit zweisprachigen Ortstafeln die deutsche Präsenz in Polen zu manifestieren, führte letztlich zum Erfolg. Heute gibt es in Oberschlesien zahlreiche Gemeinden mit deutschen und polnischen Ortsnamen. 

Beiträge über Schloß Birkholz, ein Rittergut aus dem 13. Jahrhundert, ein Stadtrundgang durch Breslau, „die Blume Europas“, und eine Würdigung des schlesischen Priesters Bernhard Lichtenberg, der zu den stillen Vertretern des Widerstands gegen den Nationalsozialismus gehört, vervollständigen das reichbebilderte Heft.

Kontakt: Senfkorn Verlag, Brüderstr. 13, 02826 Görlitz. Das Einzelheft kostet 3,50 Euro, ein Jahresabo 39 Euro.  www.schlesien-heute.de