© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 04/16 / 22. Januar 2016

Auf der Asylwelle
AfD: Bei den Landtagswahlen im März hofft die Partei auf zweistellige Ergebnisse
Marcus Schmidt

Als der Intendant des Südwestrundfunks (SWR), Peter Boudgoust, am Dienstag mittag seine Entscheidung bekanntgab, die AfD nicht zur Wahlkampf-Elefantenrunde der Parteien einzuladen, hatte die rheinland-pfälzische AfD ihre passende Pressemitteilung längst vorbereitet. Am Vorabend hatte Boudgoust bereits den AfD-Spitzenkandidaten Uwe Junge von seinem Entschluß unterrichtet, den er auf Druck von Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) getroffen hatte.

Auch wenn der 59 Jahre alte Oberstleutnant gern vor laufenden Kameras Dreyer mit seinen Argumenten konfrontiert hätte, hielt sich seine Enttäuschung in Grenzen. „Ich nehme das gelassen hin, die Bürger werden schon ihre Schlüsse ziehen“, sagte Junge der JUNGEN FREIHEIT.

Umfragen sehen die AfD  in allen drei Landtagen

Auch der AfD-Spitzenkandidat im zweiten SWR-Land Baden-Württemberg, Jörg Meuthen, traf die Ausladung nicht unvorbereitet. „Wir werden uns von diesem teilweise geglückten Erpressungsversuch jedoch nicht aufhalten lassen und am 13. März mit einem starken zweistelligen Ergebnis in den Stuttgarter Landtag einziehen. Und ob sie es wollen oder nicht: Spätestens dann müssen sich auch Grüne und SPD mit unseren Positionen auseinandersetzen“, sagte der 54 Jahre alte Wirtschaftswissenschaftler  mit Blick auf die Weigerung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und SPD-Spitzenkandidat Nils Schmid, gemeinsam mit ihm im Fernsehen aufzutreten.  

Für Junge und Meuthen sowie den AfD-Spitzenkandidaten in Sachsen-Anhalt, André Poggenburg, der bislang von „seinem“ Sender MDR noch keine Absage erhalten hat, dürfte der Streit um Sendezeit nur ein Vorgeschmack auf den anstehenden harten Wahlkampf sein. Zeitgleich wird am 13. März in allen drei Ländern gewählt. Die politischen Beobachter sind sich einig: Das Abschneiden der AfD in Stuttgart, Mainz und Magdeburg wird über das weitere politische Schicksal von Bundeskanzlerin Angela Merkel und der Großen Koalition mitentscheiden. Entsprechend nervös sind vor allem CDU und SPD.

Denn daß die AfD in alle drei Landtage einzieht, scheint derzeit so gut wie sicher. In den Umfragen legt die Partei seit Wochen kontinuierlich zu. In Rheinland-Pfalz steht sie laut Infratest-dimap bei acht, in Baden-Württemberg bei zehn Prozent. In Sachsen-Anhalt sieht die Forschungsgruppe Wahlen die AfD mittlerweile sogar SPD und Linkspartei (beide 19 Prozent) auf den Fersen. „Und da ist noch viel Luft nach oben“, kommentierte Poggenburg die Umfrageergebnisse. Da sich die allgemeine Negativentwicklung unvermindert fortsetze, halte er in Sachsen-Anhalt mittlerweile sogar „ein Wahlergebnis von 20 Prozent und mehr für nicht unrealistisch“, sagte der 40 Jahre alte Unternehmer.

Doch trotz des Höhenfluges in den Umfragen steht der eigentliche Wahlkampf erst noch bevor. Die Bundespartei unterstützt die drei Landesverbände nach Informationen der JF mit insgesamt 1,2 Millionen Euro. Der Großteil des Geldes, 700.000 Euro, fließen nach Baden-Württemberg, 300.000 nach Rheinand-Pfalz und 200.000 Euro nach Sachsen-Anhalt. Vor allem der finanzielle Abstand zwischen Rheinland-Pfalz mit seinen gut vier Millionen Einwohnern und Sachsen-Anhalt (2,3 Millionen Einwohner) hätte nach Ansicht mancher in der Parteispitze deutlicher ausfallen können. AfD-Spitzenmann Junge sieht seinen Landesverband dennoch gut ausgestattet und verweist auf zusätzlich 70.000 Euro, die sein Landesverband durch die deutschlandweite Spendenaktion der AfD Ende vergangenen Jahres eingenommen hat.

Das dominierende Wahlkampfthema ist in allen Bundesländern die Asylkrise. „Erst heute bin ich sogar auf dem Kaufland-Parkplatz auf das Thema angesprochen worden“, berichtete Poggenburg am Dienstag. Dennoch versucht die AfD in den drei Ländern auch andere Themen zu besetzen. Unter den zwölf Wahlkampfthemen in Rheinland-Pfalz taucht nicht zufällig erst an vierter Stelle der Programmpunkt „Integration, Einwanderung und Asyl“ auf – nach „Direkter Demokratie“, „Kinder und Familie“ sowie „Bildung und Schule“. Themen, mit denen die AfD auch in Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg bei den Wählern punkten will.

Nach den zahlreichen Angriffen von Linksextremisten auf Abgeordnetenbüros in den vergangenen Wochen und den Erfahrungen mit massenhaft zerstörten Wahlplakaten etwa in Hamburg richten sich die AfD-Wahlkämpfer auf ähnliche Übergriffe in den kommenden Wochen ein. Junge hat bereits Kontakt mit der Polizei aufgenommen. „Die Zusammenarbeit ist sehr gut, aber der Polizei sind durch den Personalabbau der vergangenen Jahre Grenzen gesetzt“, sagte er.