© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 04/16 / 22. Januar 2016

Sigmar Gabriel will Fusion von Edeka und Tengelmann erlauben
Angriff auf die Marktwirtschaft
Jörg Fischer

Daß die Markt- der Planwirtschaft überlegen und für die Konsumenten die besseren Ergebnisse zeitigt, ist seit dem Bankrott des Ostblocks eine Binsenweisheit. Leider wird oft übersehen, daß Marktwirtschaft Wettbewerb braucht, denn private sind nicht besser als staatliche Monopole oder Kartelle.

Deswegen gibt es seit 1958 das Bundeskartellamt und seit 1974 die Monopolkommission. Doch die Zeiten von Ludwig Erhard oder Karl Schiller sind längst vorbei – und mit seiner Ankündigung, den Zusammenschluß von Edeka und Tengelmann per Ministererlaubnis zu genehmigen, bestätigt Sigmar Gabriel erneut, daß er bestenfalls ein kurzsichtiger Lobbyist ist. „Durch die Fusion der Supermarktketten wird Wettbewerb zwischen Edeka und Kaiser’s-Tengelmann entfallen“, warnte Daniel Zimmer, Chef der Monopolkommission. Auch das Kartellamt hatte nein gesagt: „In vielen Stadtteilen der Metropolen Berlin, München und Düsseldorf sowie einigen Markträumen in Oberbayern und NRW ist Kaiser’s-Tengelmann der stärkste Wettbewerber von Edeka und Rewe, so daß dessen Ausscheiden die Auswahlmöglichkeiten der Verbraucher vor Ort erheblich reduzieren würde“, begründete Kartellamtschef Andreas Mundt die Entscheidung (JF 16/15).

Auch für die ohnehin gebeutelten deutschen Bauern oder die mittelständischen Lebensmittelhersteller bringt die Fusion nichts Gutes: schon jetzt beherrschen Edeka, Rewe, Lidl, Metro und Aldi zusammen mit ihren Untermarken wie Netto, Penny, Kaufland oder Real über 90 Prozent des deutschen Lebensmittelmarktes. Die zunehmende Marktkonzentration stärkt die Nachfragemacht dieser fünf Riesen (JF 49/15). Dies führe „zu individuellen Preisnachlässen und damit zu einer Verschiebung des Gewinns von den Lieferanten zu den Händlern“, warnt der Handelsexperte Tomaso Duso. Auch die Vielfalt an Produkten in den Regionen werde stark reduziert, so der Düsseldorfer Ökonomieprofessor.

Doch Wirtschaftsminister Gabriel ist das egal. Der SPD-Chef hört lieber auf die Einflüsterungen von DGB-Funktionären: Durch die Auflagen „der Ministererlaubnis sollen die konkreten Beschäftigungsverhältnisse der rund 16.000 Arbeitnehmer von Kaiser’s-Tengelmann durch den Abschluß von Tarifverträgen abgesichert werden“, argumentierte Gabriel.

Das hört sich eigentlich gut an für die zu Recht um ihre Arbeitsplätze bangenden Kaiser’s-Mitarbeiter. Doch im Kleingedruckten steht die ganze Wahrheit: Die Arbeitsplatz- und Standortgarantien gelten nur für fünf Jahre. Danach können die Tengelmann-Filialen problemlos verkauft werden – und die Verdi-Tarifverträge sind dann obsolet. Für die Kunden, die Lieferanten und den Wettbewerb wäre es besser gewesen, wenn Rewe, die Schweizer Migros oder Norma die Filialen übernommen hätten – doch das will Edeka/Tengelmann-Vollstrecker Gabriel verhindern.