© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 05/16 / 29. Januar 2016

Ein Kunststoff, der nicht vergeht
Vor 75 Jahren wurde Teflon patentiert / Nützlich im Alltag, doch gefährlich für Gesundheit und Umwelt
Heiko Urbanzyk

C2F4 ist die chemische Formel, die dafür bürgt, daß Spiegeleier in der Bratpfanne nicht anpappen, sondern leicht auf den Teller gleiten: „Teflon“. Vor 75 Jahren, am 4. Februar 1941, erhielt der US-Chemiekonzern DuPont das US-Patent 2.230.654  auf Polytetrafluorethylen (PTFE). Teflon ist der Handelsname, der sich im Volksmund eingebürgert hat.Die Beständigkeit und Einsatzbreite des Kunststoffs macht ihn in Forschung und Produktion beliebt – doch Gesundheitsrisiken geraten während der vergangenen 15 Jahre zunehmend in den Blick.

Erste Anwendung beim Atombombenbau

Unerbittlich hält sich das Gerücht, Teflon sei ein Nebenprodukt der Raumfahrttechnik. Die Geschichte des Teflon beginnt aber mit den ersten Kühlschränken in den USA der 1930er Jahre. General Motors hielt das Patent auf das Kühlmittel FCKW. Zur Umgehung dieses Patents setzte DuPont den Chemiker Roy Plunkett darauf an, eine Alternative zu entwickeln. Das Teflon entdeckte dieser dabei durch Zufall im Jahr 1938. Mit dem Feststoff wußte DuPonts Forschungsabteilung nichts anzufangen, als Kühlmittel eignete er sich nicht. Auffallend war allein die ungewohnte Beständigkeit des Materials; nicht einmal eine Mischung aus Salz- und Salpetersäure ließ das Teflon korrodieren.

Erst als 1943 die Atomforscher des „Manhattan-Projektes“ sich an verschiedene Chemiefirmen richteten, entsann man sich bei DuPont des „unkaputtbaren“ Materials. Um atombombenfähiges Uran zu gewinnen, wurde Uranhexafluorid benötigt, das ein extrem korrosiver Stoff ist, der alles in kürzester Zeit zerfrißt, womit er in Berührung kommt. In einer Beschichtung aus Teflon für Behälter und Rohrleitungen fanden die Kernwaffenbauer die optimale Lösung.

Ab 1954 gelangten teflonbeschichtete Pfannen von Frankreich aus in andere Länder Westeuropas – vier Jahre vor dem ersten Raumfahrtflug des Satelliten Sputnik 1. Als sogenanntes Gore-Tex tragen viele Zeitgenossen Teflon in Form atmungsaktiver Kleidung sogar unmittelbar auf der Haut.

Wie so mancher menschlich erschaffene Kunststoff, man denke nur an PCB (JF 18/13), birgt Teflon Gesundheitsgefahren, die zunehmend in den öffentlichen Blick rücken. Das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) warnt seit Jahren vor einem unsachgemäßen Gebrauch von teflonbeschichteten Haushaltsgegenständen: „Zu einem Gesundheitsrisiko kann PTFE als Antihaftbeschichtung von Koch- und Bratgeschirr werden, wenn die Beschichtung überhitzt. Dann entwickelt PTFE giftige Dämpfe.“ Rauchentwicklung bei Bratöl ist ein Überhitzungsindiz. Im Tierversuch wirkten die Dämpfe bei Vögeln tödlich. Beim Menschen „können grippeähnliche Symptome, das sogenannte Teflonfieber (Polymerfieber)“ auftauchen. Fälle seien jedoch lediglich aus der verarbeitenden Industrie bekannt. Teilchen, die sich von einer zerkratzten Beschichtung lösen und verschluckt würden, stellen laut BfR keine Gesundheitsgefährdung dar, da sie nicht verdaut, sondern vom Körper wieder ausgeschieden würden. Die krebserregende zerkratzte Teflonpfanne dürfte daher eher ein Mythos sein.

Bestätigt hat sich jedoch der Verdacht, das polyfluorierte Chemikalien, wie sie im Teflon enthalten sind, Unfruchtbarkeit verursachen. Das Umweltbundesamt warnt davor seit 2009. Eine kanadische Studie aus dem Jahr 2015 belegt die Befürchtungen. Trotz aller Anhaltspunkte für Risiken besteht aktuell eine große Erkenntnislücke. Der Epidemiologe Michael Schümann mahnt an, die verfügbaren Daten endlich auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft zusammenzutragen – und selbst dieser Aufruf aus dem Jahr 2015 verhallte bis dato ungehört.

Was die Teflonproduktion selbst betrifft, steht die Firma DuPont in der Kritik. Am Produktionsstandort Parkersburg (West Virginia) sollen seit den siebziger Jahren Tausende Tonnen Giftrückstände illegal entsorgt worden sein. In diesem Monat berichteten die New York Times und das Time Magazine über die Erkrankung einer noch unbekannten Zahl Menschen, die seit Jahren unwissentlich vergiftetes Grundwasser trinken.