© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 06/16 / 05. Februar 2016

„Schnell und unbürokratisch“
Asylkrise: Die Bundesagentur für Arbeit hat die Überprüfung der Sprachkurse für Flüchtlinge nach Berichten über Unregelmäßigkeiten massiv ausgeweitet
Marcus Schmidt

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat nach Informationen der JUNGEN FREIHEIT die Kontrolle ihrer Sprachkurse für Asylbewerber massiv ausgeweitet. So wurde die Zahl der Einstiegskurse, die intern auf Unregelmäßigkeiten etwa bei den Kosten überprüft werden, mehr als verdreifacht.

Die JF hatte in der vergangenen Woche berichtet, daß bei ersten Kontrollen der Verdacht aufgekommen war, dubiose Sprachkursanbieter hätten möglicherweise versucht, bei der Abrechnung zu betrügen. So waren die Prüfer der BA bei ersten Stichproben unter anderem auf Säuglinge in den Teilnehmerlisten für die Sprachkurse gestoßen. Zugleich waren nach JF-Informationen bei einigen Kursen Zweifel aufgekommen, ob diese überhaupt stattgefunden haben.

Die Bundesagentur hatte im vergangenen Jahr ein Sprachprogramm für Flüchtlinge mit guter Bleibeperspektive aus den Ländern Syrien, Iran, Irak und Eritrea aufgelegt. Bis zum Meldeschluß am 31. Dezember 2015 hatten sich nach Angaben der Behörde 222.282 Asylbewerber für die Kurse angemeldet. Die Kosten belaufen sich nach Schätzungen der BA auf bis zu 400 Millionen Euro. Ursprünglich hatte die Behörde mit 100.000 Teilnehmern und Kosten in Höhe von maximal 121 Millionen Euro gerechnet. In der BA wird nun nach Gründen für die drohenden Mehrausgaben gesucht.  Bei der Kostenentwicklung tappt die Bundesagentur bislang offenbar noch im dunkeln. „Es kann keinerlei Aussage zu den Kosten je Kurs bzw. pro Teilnehmer gemacht werden, da bisher erst ein geringer Teil der Kurse abgerechnet ist“, teilte die Nürnberger Behörde auf eine entsprechende Frage mit. Nach Recherchen der JF schwankt der Stundensatz je nach Ort und Anbieter zwischen weniger als vier Euro und knapp neun Euro.

 Die Behörde räumte zudem ein, daß sie den Anbietern der Kurse nur wenige Vorgaben mache. „Unsere Intention war, die Förderung der Kurse schnell und unbürokratisch zu ermöglichen. Bezüglich Durchführung und Methodik wurden keine Vorgaben gemacht“, teilte die BA mit. Auch die Lehrkräfte und die Räumlichkeiten unterliegen demnach nicht der Kontrolle der Behörde. Nach Ansicht von Experten wird Betrügern damit Tür und Tor geöffnet. Auch bei den Teilnehmern gibt sich die BA äußerst großzügig. „Gefördert wurden ausländische Personen, die bei Eintritt in die Maßnahme eine Aufenthaltsgestattung bzw. eine Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender (BüMA) und eine gute Bleibeperspektive besitzen. Darüber hinaus gibt es keine Einschränkungen zum Personenkreis“, stellte die Behörde klar.

Für den Ablauf der Kurse bleibt dies alles nicht ohne Folgen. „Mancher Dozent wundert sich nur ganz zu Anfang seines Einsatzes, daß nur eine relativ überschaubare Zahl der ihm Anvertrauten am folgenden Tag wieder auftaucht“, berichtet ein Sprachlehrer der JF von den Erfahrungen mit den BA-Kursen. Er habe sich rasch darauf eingestellt, täglich in neue Gesichter zu blicken. Aber nicht nur sein Kurs sei „auf Durchlauf“ geschaltet. Kollegen hätten die gleichen Erfahrungen gemacht. „Ich merke mir die Namen schon gar nicht mehr“, beschreibt ein ernüchterter Dozent die Situation. Seine Kollegen und er schätzen sich glücklich, wenn sich in der Klasse der eine oder die andere Motivierte findet. 

Eine erhebliche Belastung hingegen stellt sich ein, wenn Mütter ihre minderjährigen Kindern mit in den Kurs nehmen. Es sei verständlich, daß Kleinkinder sich spätestens in der zweiten Stunde langweilten und unruhig würden. Eine zugegebenermaßen nicht einfache Sprache wie die deutsche unter diesen Umständen zu vermitteln, bringt manchen Dozenten an seine Grenzen.