© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 06/16 / 05. Februar 2016

Kommen die Waffen ins Spiel, steigen die Emotionen
USA: Präsident Obamas angekündigte Gesetzesverschärfungen stoßen auf geteilte Meinungen
Josef Hämmerling

Ein weinender Präsident, vor Wut schäumende Republikaner, Beschimpfungen bei Live-Debatten der Präsidentschaftskandidaten, steigende Aktienkurse von Waffenfirmen – kein anderes Thema sorgt im Wahlkampf um die US-Präsidentschaft für mehr Emotionen als das Waffenrecht. 

Ausgelöst wurde dies durch eine Rede von Präsident Barack Obama, bei der er beklagte, daß in den USA jährlich 30.000 Personen durch den Einsatz von Waffen getötet werden. Bei geschätzten 300 Millionen Waffen in den US-Haushalten müßten „vernünftige Lösungen“ gefunden werden, um Mißbrauch zu verhindern, so der 54jährige. Er verwies auf eine bessere Überprüfung von Schußwaffenkäufern und brachte auch eine sichere Waffentechnologie, zum Beispiel die Entwicklung von Fingerabdruck-Scannern für Pistolen und Gewehre, ins Spiel. Der Präsident will diese Maßnahmen per Präsidialerlaß vorbei an Senat und Kongreß beschließen.

„Gesetzestreue Bürger“ gehen auf die Barrikaden

Unterstützung findet Obama vor allem bei Demokraten und linksorientierten Gruppen. Diese verweisen darauf, 2015 sei bei Sicherheitskontrollen an Flughäfen die Rekordzahl von 2.653 Waffen gefunden worden, fast 20 Prozent mehr als ein Jahr zuvor – und 83 Prozent seien geladen gewesen. Die meisten Waffenfunde habe es an Flughäfen in Texas gegeben. Insgesamt wurden US-weit im vergangenen Jahr rund 708 Millionen Menschen kontrolliert.

Einer der Hauptgründe für die immer lauter werdende Forderung nach einer Verschärfung des Waffenrechts waren die Amokläufe an Schulen in gleich mehreren US-Bundesstaaten. So forderte Obama die Angehörigen von Opfern durch Waffengewalt auf, sich besonders engagiert zu zeigen, damit die von ihm vorgesehenen Maßnahmen eine breite Mehrheit finden. Unterstützt wird der Präsident auch von Tausenden Amerikanern, die vor dem Weißen Haus für seine Pläne demonstrierten. Umfragen des CBS News/New-York-Times-Poll zufolge sollen 55 Prozent der US-Bürger für die Pläne Obamas sein. Doch die Zahlen schwanken.

Massiven Widerstand gibt es dagegen bei den Republikanern. Sämtliche Präsidentschaftsbewerber erklärten, sie würden nach einem Wahlsieg Pläne einer Verschärfung des Waffenrechts ad acta legen. Christopher James Christie, seit 2010 Gouverneur von New Jersey, nannte Obama ein „bockiges Kind“. Bekomme der Präsident nicht, was er wolle, handele er eigenmächtig. Und Jeb Bush, der Bruder des ehemaligen Präsidenten George W. Bush, warf Obama die Einschränkung der Rechte gesetzestreuer Bürger vor. 

Steigende Aktienkurse der Waffenindustrie  

Gegner der Pläne des Präsidenten weisen darauf hin, daß die Gründerväter der USA den zweiten Verfassungszusatz, der den Amerikanern das Recht auf Waffenbesitz zusichert, mit Bedacht beschlossen haben. Die US-Bürger sollen sich nämlich im Falle einer diktatorischen Zentralregierung, die die Armee hinter sich hat, gegen diese wehren können. So sind die rund 300 Millionen Handfeuerwaffen in den Händen von Privatpersonen mehr, als Polizei und Militär zusammen zur Verfügung haben. Für den Erhalt dieses zweiten Verfassungsgrundsatzes haben sich viele Gruppierungen gegründet, die die Pläne Obamas massiv bekämpfen, so etwa die Second Amendment Foundation.

Unterstützt werden diese durch die Waffenlobby, allen voran der National Rifle Association (NRA). Diese gab alleine 2015 mehr als 30 Millionen Dollar aus, um die Verschärfung der Gesetze abzuwenden. Sie kündigte bereits an, bei einem entsprechenden Beschluß Obamas vor Gericht zu ziehen, um diesen zu verhindern oder wenigstens in die Länge zu ziehen. In der Hoffnung, ein republikanischer Präsident werde diesen wieder zurückziehen, wie es zum Beispiel Donald Trump für den Fall seines Wahlsiegs bereits ankündigte. 

NRA-Vertreter Chris Cox warf dem amtierenden Präsidenten sogar Machtmißbrauch „bar jeglicher Fakten“ vor. Statt „echter Lösungen für die drängenden Probleme unserer Nation“ betreibe Obama lediglich „politische Rhetorik“, um von seinen Versäumnissen abzulenken.

Einen Gewinner gibt es aber bereits: die Aktien der Waffenunternehmen. Ihre Börsenkurse stiegen nach der Ankündigung Obamas exorbitant an. Gewinne von zehn Prozent und mehr in wenigen Tagen waren die Regel. Denn viele Amerikaner deckten sich vor der möglichen Gesetzesverschärfung mit Handfeuerwaffen ein. Die Amtszeit Obamas wird als diejenige in die moderne US-Geschichte eingehen, die der Waffenindustrie massive Gewinne einbrachte. So zog allein im vergangenen Jahr der Aktienkurs von Sturm, Ruger & Co. um 75 Prozent an und der von Smith & Wesson um 130 Prozent.