© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 06/16 / 05. Februar 2016

Umwelt
Kinder sind antioxidant
Heiko Urbanzyk

Manche Volksweisheiten lassen sich wissenschaftlich belegen. Dazu gehört nun das Sprichwort „Kinder halten jung“. Pablo Nepomnaschy, Cindy Barha und weitere Forscher der kanadischen Simon Fraser University sind dem Verjüngungseffekt auf die Spur gekommen, wie sie aktuell im Non-Profit-Medizin- und Wissenschaftsmagazin Plos berichten. Im Beitrag „Number of Children and Telomere Length in Women: A Prospective, Longitudinal Evaluation“ beschreiben sie ihre Langzeituntersuchungen an 75 Müttern mit ein oder mehreren Kindern. Zweimal im Abstand von 13 Jahren entnahmen die Forscher Speichelproben und Abstriche der Mundschleimhaut. Dabei stellten sie fest, daß die Telomere, eine Art Schutzhülle der Chromosomen, von Frauen mit vielen Kindern im Durchschnitt länger sind als die von Frauen, die nur ein oder zwei Kinder haben.

Liegt es am Östrogen, das Mehrfachmütter in höherer Konzentration ausschütten?

Telomere gelten als Alterungskennzeichen: je kürzer, desto fortgeschrittener der Alterungsprozeß des Körpers. Damit relativieren die Forscher um Nepomnaschy die sogenannte „Life History Theory“ (LHT). Nach dieser muß ein Organismus sich, populärwissenschaftlich gesagt, entscheiden, ob er sich zum Zwecke der Fortpflanzung verbraucht oder für das eigene Wachstum und die eigene Gesundheit. Eine Frau müßte gemäß LHT um so schneller altern, je mehr Kinder sie austrägt.

Eine abschließende Erklärung für das nun festgestellte Phänomen der längeren Telomere trotz beziehungsweise durch die höhere Zahl von Geburten haben die Forscher nicht. Es könnte am antioxidant wirkenden Östrogen liegen, das Mehrfachmütter in höherer Konzentration ausschütten. Wenn die kleinen Racker die Nacht mal wieder zum Tage gemacht haben, können Mütter sich jedenfalls sicher sein: Sie sind jünger als kinderlose Frauen, die sich ihre Antioxidantien allein über Kosmetikpräparate und Bio-Äpfel zuführen.