© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 06/16 / 05. Februar 2016

Knapp daneben
Die wahre Motivation verkannt
Karl Heinzen

Eurowings steht als Tochtergesellschaft der Lufthansa vor einem grundsätzlichen Problem: Wie kann ein Billigflieger günstige Tickets anbieten, während das Mutterhaus eisern an seinem Premium-Anspruch und entsprechend gesalzenen Preisen festhält? Ist nicht zu befürchten, daß selbst eingefleischte Lufthansa-Kunden irgendwann anfangen, aufs Geld zu schauen, und zur konzerneigenen Alternative abwandern? 

Bislang meisterte Eurowings dieses Dilemma mit Bravour. Ausfälle und imposante Verspätungen boten zahlreichen Kunden unvergeßliche Erlebnisse, die sich herumsprachen. In den Medien wurde der Ausfall einer Maschine breit gewürdigt, die den gebuchten Fluggästen das unverhoffte Glück bescherte, 68 Stunden länger als geplant das Ferienparadies Kuba zu genießen. Das schlechte Image beugt der Gefahr vor, der Muttergesellschaft Kunden abspenstig zu machen. 

Es geht den Mitarbeitern gar nicht so sehr ums Geld, sondern sie wollen zeigen, daß sie dazugehören.

Ein tragfähiges Geschäftsmodell ist damit aber nicht begründet. Auch Eurowings wird seinen Passagieren ein Mindestmaß an Zuverlässigkeit bieten müssen, um sie bei der Stange zu halten. Lästige Investitionen in die Flotte und neues Personal sind daher nicht zu vermeiden. Allerdings folgt die Chefetage hier dem Grundsatz, daß Angestellte, die Menschen für geringes Entgelt transportieren, auch nur wenig kosten dürfen. So können Flugbegleiter gerade einmal ein Jahresbruttogehalt von 21.000 Euro erwarten. Wahrscheinlich dürfte dies für einen solchen Job aber auch genügen. Wer so viel unterwegs ist, braucht kein Auto und keine Wohnung, sondern nur einen Koffer, und die Lust, in den Urlaub zu fahren, dürfte bei dem ganzen Herumfliegen auch nicht ausgeprägt sein. 

Allerdings stellt Eurowings, und darauf ist das Unternehmen stolz, kostenlose Uniformen, was bei anderen Billigfliegern nicht üblich sein soll. So spendabel zu sein, heißt jedoch, die wahre Motivation von Beschäftigten zu verkennen. Es geht ihnen gar nicht so sehr ums Geld, sondern sie wollen zeigen, daß sie zur Arbeitsgesellschaft dazugehören. Eine Uniform lassen sie sich gerne etwas kosten.