© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 08/16 / 19. Februar 2016

Papst trifft erstmals Oberhaupt der Orthodoxen
Symbolisch und bedeutend
Jürgen Liminski

Wo Divisionen fehlen, zählen die Symbole. Sie ersetzen Aktionen. Nirgends gilt das so sehr wie bei religiösen Bekenntnissen. Deshalb sind dem historischen Treffen zwischen Papst Franziskus und dem Patriarchen der russisch-orthodoxen Kirche, Kyrill I., viele symbolische Handlungen vorausgegangen. 

So hatte Franziskus’ Vorgänger Benedikt XVI. auf den Titel eines „Patriarchen des Abendlandes“ verzichtet und damit die Kollegialität in einer künftig versöhnten Kirche aufgewertet. Und so schrieb Kyrill noch als Nummer zwei seiner Kirche das Vorwort zur russischen Ausgabe von Ratzingers „Einführung in das Christentum“, ein Buch, wie es katholischer nicht sein kann.

Inhaltlich sind die beiden Kirchen kaum getrennt. Sie haben die gleichen Sakramente, nur andere Riten. Was trennt, sind der Primat von Rom und Vertrauensdefizite. Diese Defizite wurden in Havanna weiter abgebaut. Faktisch neu kam nur hinzu, daß Moskau nun offiziell die romtreue, griechisch-katholische Kirche in der Ukraine anerkennt, die man zusammen mit den Sowjets noch blutig verfolgt hatte. Die Annäherung beschleunigt hat aber zweifellos die weltweite Christenverfolgung, vor allem in islamischen Ländern. Da sucht man beizeiten Verbündete. Rom ist der natürlichste und symbolträchtigste.