Verdammt, ist dieses Gewerbegebiet ein Irrgarten. Jetzt fahre ich schon zum dritten Mal durch diesen Kreisverkehr. Irgendwo muß diese Firma hier sein! Das Gestrüpp der Firmenschilder an den Grundstückseinfahrten ist mehr als unübersichtlich. Erst jetzt sehe ich, daß ich schon mehrmals an dem Betrieb vorbeigefahren bin.

Ich rolle auf den Hof und steuere die Kundenparkplätze an. Eine Rampe führt zu der schäbigen Eingangstür. Der Handel verkauft Filter aller Art. Luftfilter, Kraftstoffilter und Wasserfilter. Für Fahrzeuge, Anlagen und Industrie. Nicht gerade eine Adresse, wo Hipster und Smartphone-Anbeter einholen.

Ich habe das Gefühl, in einem Museum für untergegangene Arbeitsplatzkultur zu sein.

Das Gewerbe ist vollkommen unabhängig von attraktiver Warenpräsentation. Wer einen Dieselfilter braucht, erwartet keinen schicken „Point of Sale“. Darum hat sich hier ein Biotop erhalten, ein Reservat für prähistorische Geschäftsbedingungen.

Daß eines gleich klar ist: Hier ist der Kunde Untertan! Die zwei Mitarbeiter denken gar nicht daran, ihr Privatgespräch wegen meines Erscheinens zu unterbrechen. Endlich nimmt einer mitleidig von mir Notiz und nickt in Richtung Büro: „Der Kollege macht das.“

Der Kollege telefoniert und raucht dabei. Wirklich, überall stehen volle Aschenbecher. Die Tapeten sind nikotingelb, ebenso wie Gardinen und Computergehäuse. Da auch der Kollege keine Anstalten macht, sein Telefonat wegen eines unbedeutenden Kunden zu beenden, schlendere ich gemächlichen Schrittes zurück auf den Flur. Die beiden von eben sind weg.

Auch hier fallen mir jetzt Aschenbecher auf. Als ich um die Ecke schaue, habe ich das Gefühl, ich bin in einem interaktiven Museum für untergegangene Arbeitsplatzkultur: Über der Packbank für die Paketsendungen hängt ein „Tittenkalender“, auf dem sich ein barbusiges Fräulein sinnfrei vor Industrieprodukten rekelt. Ich sehe auf das Jahr – tatsächlich 2016!