© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 09/16 / 26. Februar 2016

„Brexit“-Duell der Parteifreunde in London
David gegen Boris
Kurt Zach

Wäre da nicht die Asylkrise, David Cameron könnte ganz zufrieden sein mit den Vorbehaltsrechten, die er den Eurokraten abgerungen hat. In normalen Zeiten hätte der Premier damit wohl auch eine Mehrheit der Briten zu einem „Ja“ zur weiteren EU-Mitgliedschaft bewegen können, selbst wenn angesichts der zahlreichen Begrenzungen bei Lichte betrachtet wenig Substanz übrigbleibt.

Aber auch im Vereinigten Königreich wird die EU-Debatte längst als Einwanderungsdebatte geführt. Camerons Verhandlungserfolge in Sekundärfragen werden kaum reichen, Skeptiker vom Verbleib in einer vom deutschen Sonderweg geschwächten und zerrütteten EU zu überzeugen. Londons Bürgermeister Boris Johnson wittert das mit sicherem Instinkt und schlägt sich auf die „Brexit“-Seite, auf der selbst einige Kabinettsmitglieder stehen – über so viel Demokratie und Meinungsfreiheit in einer Regierungspartei staunt der deutsche Beobachter nur. 

Mit dem wahrscheinlicher werdenden Austritt der Briten wird es für Deutschland noch einsamer im EU-Zirkus. Großbritanniens antibürokratische und antizentralistische Stimme der Vernunft wird fehlen. Die Briten selbst würden allen Unkenrufen zum Trotz ohne EU kaum schlechter fahren. Warum nicht die einst von ihnen gegründete Freihandelszone Efta wiederbeleben? Der Brüsseler Superstaatswahn ist nicht alternativlos.