© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 09/16 / 26. Februar 2016

Zur Anschlußfähigkeit Lorenz von Steins: Daseinsvorsorge als Kernaufgabe
Auf ganzheitliches Denken besinnen
(wm)

Allen kurzzeitigen Wiederentdeckungen zum Trotz, die so illustren Geistern wie Carl Schmitt, Ernst Rudolf Huber, Ernst Forsthoff, Roman Schnur und Ernst-Wolfgang Böckenförde zu danken seien, gelte der Staatswissenschaftler Lorenz von Stein (1815–1890, JF 47/15) als vergessen und werde auch zum 200. Geburtstag oft mit dem gleichnamigen preußischen Reformer verwechselt. Dabei, so führt Utz Schliesky, der geschäftsführende Vorstand des Lorenz-von-Stein-Instituts für Verwaltungswissenschaften an der Universität Kiel, im Jubiläumsjahr aus (Juristen-Zeitung, 23/2015), komme dem Entdecker und ersten Analytiker der „sozialen Frage“, dem konservativen Vordenker der „sozialen Demokratie“, heute erhöhte Aktualität zu, da man in Zeiten von Neoliberalismus und Hartz IV sein „Niveau noch längst nicht wieder erreicht“ habe. Dafür müsse man ein Verständnis von Freiheit jenseits marktradikaler Simplifizierungen zurückgewinnen, damit der Staat eine die materiellen Bedingungen individueller Selbständigkeit garantierende Daseinsvorsorge wieder als Kernaufgabe innerer Verwaltung begreife. Eine solche Rückbesinnung auf das im deutschen Idealismus wurzelnde „ganzheitliche Denken“ Steins könnte daher dem erstarrten, „reformbedürftigen Gemeinwesen“ der Bundesrepublik wohltun wie „ein kräftiger Sonnenstrahl“. 

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