© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 10/16 / 04. März 2016

DVD: Der müde Tod
Vorbild in der Malerei
Werner Olles

Ein junges Mädchen sucht im Traum den Tod auf, einen freundlichen alten Mann, von dem sie den verstorbenen Geliebten zurückerbittet. Mitleidig zeigt der Tod auf drei brennende Kerzen, deren jede ein Leben darstellt. In drei Episoden erlebt das Mädchen (Lil Dagover) seine Liebesgeschichte. Alle enden mit dem Tod des Geliebten (Walter Janssen), und jedesmal erlischt ein Licht. Zuletzt schlägt der Tod (Bernhard Goetzke) dem Mädchen vor, ihm für das Leben des Geliebten ein anderes zu geben. Es gelingt ihr jedoch nicht, selbst Kranke und Sieche wollen nicht ihr Leben opfern. Schließlich wählt auch das Mädchen den Tod als die einzig unumgängliche Lösung. 

Wie ein Fieber flackert in Fritz Langs Episodenfilm der „Der müde Tod“ (1921) die Todessehnsucht auf. Geschickt knüpft der Regisseur an die mittelalterliche Legende vom Gevatter Tod an, die er filmisch eindrucksvoll abzuwandeln weiß. Langs Stummfilmwerk ist eine expressionistisch-romantische Darstellung von Schicksalsmotiven, die vor allem durch die reiche Bildgestaltung wirkt. Ein Mädchen bittet den Tod um das Leben eines verstorbenen Geliebten. In diese Rahmenhandlung sind drei Episoden eingelassen, die zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten spielen: in Arabien, im mittelalterlichen Italien und im kaiserlichen China.

Für „Der müde Tod“ hat Lang, wie er selbst sagt, versucht, das deutsche Volkslied bildmäßig einzufangen. Es war nicht der letzte Film, den er mit den Augen eines Malers gestaltete. Als Schüler der Akademie der bildenden Künste hatte er die günstigsten Voraussetzungen. So entstand eine großartige Bildkomposition aus monumentalen Flächen und kühnen Linien, stilistisch und ästhetisch, die ihr Vorbild in der Malerei suchte. Tatsächlich ist der Film überreich an schönen Gemälden, deren architektonische Wucht jedoch die Handlung zuweilen statisch beeinträchtigt. Zwar enthält der Film auch eisig-makabre und bizarr-romantische Motive, als filmhistorisches Dokument ist er jedoch sehenswert und zählt zweifellos zu den Meisterwerken jener Epoche des deutschen Stummfilms nach dem Ersten Weltkrieg.

Universum Film hat die DVD digital restauriert. Als Extra gibt es ein Beiheft mit einem Vergleich der deutschen und russischen Fassung.