© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 11/16 / 11. März 2016

Böser Trip für die Grünen
Kriminalität: Die Drogenaffäre des Bundestagsabgeordneten Volker Beck kommt für seine Partei zur Unzeit
Michael Paulwitz

Volker Beck ist erst mal krankgeschrieben. Seiner Partei wird die Drogenaffäre des umtriebigen Grünen-Politikers aber noch eine Weile zu schaffen machen. Sofort nachdem bekanntgeworden war, daß Beck in einem Berliner Schwulen-Szeneviertel beim Verlassen einer Dealerwohnung mit 0,6 Gramm einer „betäubungsmittelverdächtigen Substanz“, mutmaßlich handelt es sich um die hochtoxische und schnell abhängig machende Szenedroge Crystal Meth, von observierenden Polizeibeamten gestellt worden war, hatte Beck, zuletzt innen- und religionspolitischer Sprecher seiner Fraktion, zwar alle Ämter zur Verfügung gestellt. Kurz vor drei Landtagswahlen kommt der Fall des Minderheiten-Aktivisten den Parteispitzen alledings höchst ungelegen. 

Vor allem Baden-Württembergs um seine Wiederwahl kämpfender grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann muß fürchten, daß ihn der Absturz des Parteifreundes entscheidende Prozentpunkte kosten könnte, auch wenn die hinter die Grünen zurückgefallene CDU angekündigt hat, den Fall nicht ausschlachten zu wollen. Er hoffe, daß dieses „schwere Fehlverhalten“ eines einzelnen nicht „auf alle übertragen“ werde, gab Kretschmann eine deutliche Distanzierung zu Protokoll.Daß ihm ein Strafverfahren droht, weiß Beck selbst, der jede weitere Äußerung seinem Anwalt vorbehält; immerhin war er, ohne juristische Ausbildung, acht Jahre lang „rechtspolitischer Sprecher“ der Grünen im Bundestag. Kristallines Methamphetamin in der sichergestellten Menge reicht Experten zufolge für fünf Drogentrips. Ob Beck die Droge selbst konsumierte oder zur Bezahlung sexueller Dienstleistungen in der Schwulen-Szene benötigte, ist offen; Fraktionskollegen spekulierten über „persönliche Belastungen“ und „Streß“. Damit der Staatsanwalt ermitteln kann, muß der Bundestag die Immunität aufheben, da Beck sein Abgeordnetenmandat, das er seit 22 Jahren innehat, nicht niedergelegt hat. Der Justitziar der Unionsfraktion Hans-Peter Uhl (CSU) war einer der wenigen, die ihn dazu aufgefordert hatten: „Volker Beck hat bei uns Kollegen immer sehr hohe moralische Maßstäbe angelegt. Das möge er jetzt bitte auch bei sich selbst tun.“

Tatsächlich steht Volker Beck wie kaum ein anderer für die inneren Widersprüche der Grünen zwischen hohem moralischem Anspruch und fragwürdiger Praxis; das zeigen nicht nur die gespaltenen Reaktionen auf seine Drogenaffäre. Mit seinem rigorosen Lobbyismus legte er sich auch mit eigenen Parteifreunden wiederholt an, nicht zuletzt mit dem grünen Ministerpräsidenten, der im Herbst 2014 dem ersten Asylkompromiß zugestimmt und somit, in Becks nachgerade pikanter Diktion, „das Menschenrecht auf Asyl für einen Appel und ein Ei verdealt“ hatte. 

Seine politische Karriere hat der aus Stuttgart-Bad Cannstatt gebürtige Schwabe und Wahl-Kölner Volker Beck auf den Homosexuellen-Lobbyismus aufgebaut. Der aus dem „Schwulenverband in der DDR“ hervorgegangene „Lesben- und Schwulenverband in Deutschland“ (LSVD), dem er von 1991 bis 2004 vorstand, wurde seine wichtigste Hausmacht. An den pädophilen Verstrickungen der Grünen hatte Beck entscheidenden Anteil: Noch vor seiner Abgeordnetenzeit veröffentlichte er 1988 als „Schwulenreferent“ bei der Bundestagsfraktion der Grünen in dem Sammelband „Der pädosexuelle Komplex“ einen Beitrag, der sich für die „Entkriminalisierung“ der Sexualität mit Kindern aussprach. Seine langjährige Schutzbehauptung, der Text sei durch die Redaktion des Herausgebers „verfälscht“ worden, wurde 2013 durch den Fund des Originalmanuskripts widerlegt. Nach der Bundestagswahl 2013 legte er, offiziell wegen des schlechten Ergebnisses, sein Amt als parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion nieder.

Politischer Nachruf des Kreisverbandes 

In der laufenden Legislaturperiode engagierte sich Beck auch als Einwanderungs- und Israel-Lobbyist und Vorsitzender der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe und wurde vom Zentralrat der Juden mit dem Leo-Baeck-Preis ausgezeichnet. Vor einem Jahr trug ihm eine Strafanzeige gegen die Dresdener Polizei und Staatsanwaltschaft wegen „dilettantischer Ermittlungen“ im Fall eines erstochenen eritreischen Asylbewerbers – der, wie sich später herausstellte, doch nicht von „Pegida-Anhängern“, sondern von einem Mitbewohner getötet worden war – eine Gegenanzeige des Bundes Deutscher Kriminalbeamter ein, der Beck „üble Nachrede“ vorwarf.

Er habe „das Gesicht der Grünen“ geprägt, ohne ihn „wäre unsere Republik nicht die bunte Republik, die sie heute ist“, kommentierte Becks Heimat-Kreisverband Köln, seinen Rücktritt von allen Ämtern. In Grünen-Kreisen gilt das wohl als Kompliment, auch wenn es wie ein politischer Nachruf klingt.