© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 12/16 / 18. März 2016

Streit um Abkommen vor dem EU-Türkei-Gipfel
Auf dem Holzweg
Michael Paulwitz

Die Bundeskanzlerin hat Deutschland und Europa zum Spielball türkischer Interessenpolitik gemacht. Der aberwitzige Plan, der Türkei im Gegenzug für die längst vereinbarte Rücknahme illegaler Immigranten nicht nur zusätzliche Milliardenzahlungen, sondern auch noch die Aufnahme syrischer Kriegsflüchtlinge aus türkischen Lagern, die Aufhebung der Visumpflicht für türkische Staatsbürger und beschleunigte EU-Beitrittsverhandlungen zuzusichern, wurde offenkundig von Merkel initiiert. Er enthält puren Sprengstoff.

Visafreiheit und, im nächsten Schritt, Arbeitnehmerfreizügigkeit sowie Niederlassungsfreiheit in der EU für türkische Bürger sind für Ankara der Hauptpreis. Die Weigerung der Kanzlerin, an einer Schließung der Grenzen in europäischer Regie mitzuwirken, hat der türkischen Führung alle Trümpfe in die Hand gegeben. 

Wird ihre Forderung erfüllt, hat die Türkei mit den Millionen illegal in die Staaten Nord- und Westeuropas drängender Einwanderer eine Art Super-Migrationswaffe erpreßt, mit der sie Deutschland und die Europäische Union noch wirksamer unter Druck setzen kann. Scheitert dieser Plan, weil einigen europäischen Regierungschefs der Preis zu hoch geworden ist, hat man nutzlos Zeit vergeudet und politisch Porzellan zerschlagen. So oder so: Merkels türkischer Weg in der Asylkrise ist ein Holzweg.