© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 13/16 / 25. März 2016

Verhängnisvolle Ratschläge
Asylkrise: Die tödliche Flußüberquerung an der Grenze zu Mazedonien wurde offenbar von deutschen Flüchtlingsorganisationen unterstützt
Christian Schreiber

Norbert Blüms Stimme bebte. „Das ist nicht das Europa, das ich kenne. Das ist nicht mein Europa“, sagte der ehemalige Bundesarbeitsminister mit hochrotem Kopf. Der CDU-Politiker betätigte sich im stolzen Alter von 80 Jahren noch einmal als Camper. In der vergangenen Woche verbrachte Blüm eine Nacht im Migranten-Camp im griechischen Idomeni. Seit Wochen halten sich in dem Lager an der mazedonischen Grenze mehr als 10.000 Menschen, vor allem aus Syrien und Afghanistan, auf und weigern sich, den Anweisungen der griechischen Behörden Folge zu leisten und in bessere Camps im Landesinneren zu ziehen. 

Am Montag vergangener Woche wagten schließlich 2.000 von ihnen den Ausbruch. „Suva Reka“ – zu deutsch trockener Fluß – heißt das Gewässer, welches drei Menschen den Tod brachte. Denn trocken ist der Suva Reka überhaupt nicht. In einer halsbrecherischen Aktion wollten die Menschen den Fluß überqueren, um über Mazedonien bevorzugt nach Deutschland weiterreisen zu können. Griechische Behörden haben internationale Hilfsorganisationen und Schlepper-Banden im Verdacht, an der Grenze ein schmutziges Spiel zu spielen. 

Kurz vor dem Aufbruch der Gruppe kursierte ein Flugblatt im Lager – unterzeichnet von einem „Kommando Norbert Blüm“. Darin war ein Weg eingezeichnet, wie die Migranten den mazedonischen Zaun meiden und über Umwege doch noch über die Grenze kommen könnten. Wenige Stunden später machten sich die Migranten auf die Suche nach der entsprechenden Stelle und überquerten schließlich den Fluß. „Ich verstehe die Verzweiflung dieser Leute – aber ich hätte sie nie zu so etwas ermuntert“, sagte Blüm Spiegel Online. „Auf die Idee wäre ich nicht gekommen.“ Er wisse nicht, wie sein Name auf das Flugblatt komme und wer dahinterstecke. „Ich verstehe das nicht und habe damit nichts zu tun.“ Griechische Behörden sind sich sicher, daß linksextreme Aktivisten dahinterstecken (Seite 8). 

Seit Wochen halten sich Dutzende „Helfer“ im Grenzgebiet auf. Beobachter sprachen daher von einer „inszenierten Katastrophe“. Als Drahtzieher der Unterstützung vor Ort wird der Münchner Verein Bordermonitoring des Migrationsaktivisten Bernd Kasparek vermutet, der auf seinem Twitter-Account einen „Live-Ticker“ aus Idomeni anbietet. Kaspareks Verein ist eng mit anderen linksgerichteten Gruppen verbandelt, die sich zu einem Netzwerk mit dem Namen „Moving Europe“ zusammengeschlossen haben. Federführende Kraft in diesem Zusammenschluß sind offenbar die „Forschungsgesellschaft Flucht und Migration“, die die Finanzen von „Moving Europe“ verwaltet und die Gruppe „Welcome to Europe“.  Eine Verantwortung für die Aktion weisen diese Gruppen aber von sich. „Wir haben diesen Flyer nie gesehen, erst später in der Presse. Ich kann nicht mal sagen, ob der im Camp verteilt wurde. Der Aufruf selbst ist absolut verantwortungslos“, zitiert die Zeit eine Aktivistin, die mit „Moving Europe“ zusammenarbeitet.  Via Twitter gaben die Gruppen außerdem bekannt, daß es sich um eine „Selbstorganisation“ gehandelt haben könnte. Schließlich seien die Migranten eine andere Route gelaufen. 

Doch dies könnte auch eine Schutzbehauptung sein. Denn die Kronen-Zeitung aus Österreich hatte bereits kurz nach dem Unglück berichtet, daß auffallend viele Journalisten bei der Flußüberquerung anwesend waren. „Die Flüchtlinge wurden bei diesem Marsch in Idomeni bewußt in Lebensgefahr gebracht – und auf der anderen Seite des Flußufers warteten TV-Teams und Journalisten“, schrieb das Blatt unter Berufung auf österreichische Polizeikreise und wies darauf hin, „daß die mazedonische Exekutive beim Fluß auch 30 Journalisten verhaftet hat“. Sie seien nach Zahlung von 250 Euro Bußgeld wieder auf freien Fuß gesetzt worden. 

Auch Recherchen der jungen freiheit haben Merkwürdigkeiten aufgedeckt: So sind auf den Fotos von der Flußüberquerung der Flüchtlinge neben zahlreichen Journalisten auffällig viele Helfer zu erkennen, die mit ihrer Kleidung, ihrer hellen Haut und den Rastazöpfen eher wie linke Studenten aussehen – und nicht wie afghanische oder syrische Flüchtlinge. „Moving Europe“ hatte wenige Tage zuvor davon gesprochen, „daß eine riesige Anzahl von Helfern in Idomeni eingetroffen sind“. Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß die „Forschungsgesellschaft Flucht und Migration“ schon vor Monaten einen „Abend zur praktischen Fluchthilfe“ angeboten hatte. Oberste Devise sei künftig „Shutteln statt Schmuggeln“.