© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 13/16 / 25. März 2016

Teufels Werk und Merkels Beitrag
Pressefreiheit in der Türkei: Journalisten kritisieren das Schweigen der Kanzlerin
Henning Hoffgaard

Trägt Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Mitschuld an der zunehmenden Drangsalierung der Presse in der Türkei? Diesen Vorwurf zumindest haben die Reporter ohne Grenzen erhoben. „Wer zu so schweren Verletzungen der Pressefreiheit schweigt, leistet letztlich willkürlichen Prozessen gegen Journalisten und Zwangsmaßnahmen gegen kritische Medien Vorschub“, sagt Geschäftsführer Christian Mihr.

Er fordert: „Die Bundeskanzlerin muß endlich öffentlich Stellung beziehen zu den immer dreisteren Angriffen der Türkei auf unabhängige Medien und kritische Journalisten.“ Bisher hat die Kanzlerin ihre Kritik an der Türkei eher allgemein formuliert. Grund genug für klare Worte gibt es allerdings ohne Frage. Die schleichende Ausschaltung der Pressefreiheit in dem Land hat in den vergangenen Wochen an Dynamik gewonnen. Ganz offen fordert Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan mittlerweile die Ausweitung des Terrorismus-Paragraphen auf Journalisten, Akademiker und Abgeordnete. „Zwischen Terroristen, die Waffen und Bomben tragen, und jenen, die ihre Position, ihren Stift oder ihren Titel den Terroristen zur Verfügung stellen, damit diese an ihr Ziel gelangen, besteht überhaupt kein Unterschied“, meint Erdogan. 

Am 25. März beginnt nun der Prozeß gegen den Chefredakteur der regierungskritischen Zeitung Cumhuriyet, Can Dündar, sowie einen weiteren Journalisten. Das Blatt hatte Indizien für eine mutmaßliche Beteiligung des türkischen Geheimdienstes an Waffenlieferungen an Islamisten in Syrien veröffentlicht. 

Wie ernst es Ankara ist, zeigt auch die Verweigerung der Presseakkreditierung für den Spiegel-Journalisten Hasnain Kazim und seinen Welt-Kollegen Deniz Yücel. Beiden wird von der türkischen Regierungspresse vorgeworfen, die Terrorgruppe PKK zu unterstützen. Aus Sicherheitsgründen zogen beide Zeitungen ihre Reporter aus dem Land ab. Genug Material für eine Verurteilung durch Merkel gibt es also.