© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 14/16 / 01. April 2016

Päppelt nicht unsere Feinde
Ein konsequenter Kampf gegen den Terror bedeutet, auch gegen das Unterstützer-Milieu vorzugehen
Michael Paulwitz

Wir sind im Krieg“, tönt es aus Politikermündern und Boulevardschlagzeilen, um das Repertoire der Stereotypen zum islamischen Terror in Europas Hauptstädten zu erweitern. Doch die Kriegserklärung ist real, und sie verlangt nach realistischen Konsequenzen.

Im Kriegszustand endet die Gelassenheit. Wem der Krieg erklärt wurde, kann es sich nicht länger leisten, die Seismographen zu schlagen, um vom nahenden Erdbeben abzulenken. Wer im Krieg ist, kann nicht einfach weitermachen wie bisher, sondern muß die Lage und den Feind erkennen, muß die notwendigen Maßnahmen zur eigenen Verteidigung treffen.

Die Feinde, die mit den Anschlägen von Paris und jetzt Brüssel Europa und unserer Zivilisation den Krieg erklärt haben, sind keine vom Himmel gefallenen Aliens, die „nichts mit dem Islam zu tun“ haben. Die Attentäter des Islamischen Staats können sich auf den Wortlaut des Koran und das Vorbild des Propheten Mohammed berufen; sie sind, in den Worten Hamed Abdel-Samads, dessen „legitimes Kind“.

Daß Fanatiker vom Schlage des IS den Islam-Terror nach Europa bringen können, hat einen äußeren Anlaß – die Ausweitung der Kampfzone nach den Niederlagen des IS in Syrien und dem Irak – und eine tiefere Ursache, die in Europa selbst liegt. Je größer der muslimische Bevölkerungsanteil in einem europäischen Land oder einer Großstadt, desto größer die desintegrierten Parallelgesellschaften, in denen islamische Terroristen sich wie der Fisch im Wasser bewegen. 

Brüssel mit seinem Muslim-Anteil von rund einem Viertel der Einwohner ist nicht zufällig die „Dschihad-Hauptstadt Europas“, in der einer der Attentäter von Paris monatelang unbehelligt untertauchen konnte und seine Gesinnungsfreunde nach seiner Verhaftung eine neue blutige Terrorserie begonnen haben. Das läßt sich weder mit dem Hinweis auf „friedliche Mehrheiten“ relativieren noch mit versäumten Integrationsanstrengungen und sozialer „Ausgrenzung“, an denen die Europäer selbst schuld wären, verharmlosen. 

Die Entstehung und Ausbreitung dieser Milieus ist allerdings selbstverschuldet: durch die passive Hinnahme muslimischer Einwanderung im großen Stil, durch Wegschauen, Gewährenlassen oder offene Begünstigung gegenüber vom arabisch-muslimischen Ausland entsandten Agitatoren unter dem Vorwand des „Antirassismus“.

Einmal entstanden, werden diese Parallelgesellschaften weder durch Integration und noch mehr Sozialarbeit verschwinden noch durch Fortsetzung des multikulturalistischen Laissez-faire. Nicht wenige Attentäter waren äußerlich bestens „integriert“. 

Und selbst der Weg vom Kleinkriminellen zum Dschihad-Terroristen ist nicht „sozial“ determiniert, sondern ein Ergebnis der Augen-zu-Politik gegenüber den islamischen Milieus, die solche Täter rekrutieren und radikalisieren. Der Glaube an die Allmacht von „Integrationspolitik“ verleugnet anthropologische Konstanten: Mentalitäten lassen sich nicht einfach ändern, nicht einmal in homogenen und stabilen Gesellschaften. 

Wenn schon die Kriegs- oder Achtundsechziger-Generationen ein Leben lang von ihrer Sozialisierung geprägt bleiben, um wieviel mehr dann Einwanderer aus fernen Kulturräumen, die nicht selten direkt in Parallelgesellschaften ihrer Herkunftsmilieus abtauchen?

Strikte Begrenzung islamischer Einwanderung auf ein verträgliches und assimilationsfähiges Maß ist daher das Gebot der Stunde. Die Reaktion der Osteuropäer, die wegen der Brüsseler und Pariser Anschläge muslimische Einwanderung erst recht verhindern wollen, ist nicht „uneuropäisch“, sondern angesichts des warnenden Beispiels von Großbritannien und Frankreich, Belgien und Deutschland logisch und konsequent. Importierter Terror ist eine Begleiterscheinung liberaler Einwanderungspolitik. 

Konsequenter Kampf gegen den Terror muß daher gegen bestehende Unterstützermilieus vorgehen und neue verhindern: Agitatoren ausweisen und radikale Moscheen und Vereine schließen, statt ihnen im Namen der Religionsfreiheit Sozialhilfe zu zahlen und tatenlos zuzusehen; fundamentalistische Manifestationen, beim Kopftuch angefangen, aus dem öffentlichen Raum verbannen und den ausländischen Finanziers und Drahtziehern das Betätigungsfeld entziehen. Ohne einen Kampf gegen den Terror, der an diesen Wurzeln ansetzt, bleiben verschärfte Sicherheitsmaßnahmen reine Alibipolitik. Unabdingbar sind sie gleichwohl. 

Europa wird sich daran gewöhnen müssen, daß Polizei und Militär wieder verstärkt und im alltäglichen Straßenbild präsenter sein müssen. Es wird akzeptieren müssen, daß offene und unkontrollierte Grenzen, über die Terroristen länderübergreifend einsickern, operieren und ausweichen können, in Zeiten des Kriegszustands ein gefährlicher Luxus sind. 

Und es wird lernen müssen, gezielt gegen potentielle Verdächtige vorzugehen, statt summarisch alle Bürger unter Pauschalverdacht zu stellen. Daß Anti-Terror-Maßnahmen, wie sie in Israel selbstverständlich sind, von der gezielten Überwachung verdächtiger Gruppen bis zum terrorsicheren Umbau sensibler Einrichtungen, für die politisch Verantwortlichen und ihre Ideologen hierzulande unvorstellbar sind, ist bereits Teil des Problems.

Die Regierenden in Berlin, Paris und Brüssel werden sich daran messen lassen müssen, ob sie der Erkenntnis, daß uns der Krieg erklärt wurde, auch die notwendigen Taten folgen lassen und bereit sind, den Bürgern den Preis für die Korrektur bereits begangener Fehler zu nennen. Andernfalls müssen sie offen sagen, wie viele Tote wir noch als Preis für die Fortsetzung ihrer „Willkommenskultur“ in Kauf nehmen sollen.