© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 14/16 / 01. April 2016

Grüße aus Paris
Republik der Literaten
Albrecht Rothacher

Frankreich liebt literarisch bewanderte Politiker. Grammatikfreie Plapperer hätten hier keine Chance. Charles de Gaulle hatte als Oberst bis 1940 eigentlich nur als Militärschriftsteller Karriere gemacht. Seine und die gesammelten Werke von Georges Pompidou, François Mitterrand und Valéry Marie René Giscard d’Estaing füllen Regalmeter. 

Erst die jüngste Präsidentengeneration macht eher von Bling-Bling und Liebesgeschichten reden. Doch im Jahre 2017 sind wieder Präsidentschaftswahlen. Jeder der Kandidaten hat als erstes ein eigenes Buch herausgebracht, das nach Stil und Inhalt nach allen Regeln der Kunst durchleuchtet wird. Und Ghostwriting gilt nicht! Ganz wichtig sind der Stil, die Beherrschung der französischen Sprache und ihrer Klassiker. Der sympathische konservative Bruno Le Maire, ehemals Agrarminister, zum Beispiel, schmückt seine zwölf Bücher stets mit langen deutschen Klassi-kerzitaten im Original. Denn ohne Bildung geht es nicht.

Politiker posieren stets vor ihren Bücherschränken. Erst danach kommt das Bild mit Hund.

Stapelweise verkaufen sich diese Bücher selbst in Bahnhofsbuchhandlungen. Ganz unglaublich. Nach den Auflagen liegen die Werke rechter Politiker, die meist eine Mischung von autobiographischen Erzählungen und politischer Programmatik sind, weit vorne. Nicolas Sarkozys „La France pour la vie“ (Frankreich fürs Leben) ging bis zur Stunde 150.000mal über den Ladentisch. Kämpferisch erklärt der Vorsitzende der Republikaner darin: „Ich habe in meinen fünf Jahren als Präsident viel Mist gebaut, will es aber jetzt nach Hollandes Mißwirtschaft doch noch einmal besser machen.“ Neben Sarkozy und Le Maire verkaufen sich auch die Bücher der Ex-Premiers  François Fillon („Faire“ – Tun!) und Alain Juppé („Pour un état fort“ – Für einen starken Staat) sehr gut. 

Die zunächst sehr geheim gehaltene Buchveröffentlichung ist der jeweilige Wahlkampfauftakt. Aber es gibt auch ein Verkaufsgeheimnis: die Signierstunden der Autoren. Hunderte drängeln sich vor den Buchhandlungen, um stapelweise handsignierte Werke für Oma, Opa, Kinder, Freunde und Geschäftskollegen zu erwerben. Ob alles jenes Politikergeschwafel wirklich gelesen wird, ist uninteressant. Doch Frankreich ist das einzige Land der Welt der Bibliophilie, wo es Bildbände „Wie gestalte ich meine Bücherwand am eindrucksvollsten“ zu kaufen gibt. Und die meisten Politiker posieren stets vor ihren Bücherschränken. Erst danach gibt es das Bild mit Hund und Familie im Garten.