© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 14/16 / 01. April 2016

Umwelt
Giftiger Gestank
Heiko Urbanzyk

Mit den Osterfeiertagen begann die erste große Reisewelle. Und laut Statistischem Bundesamt ist das Flugzeug vor der Bahn das sicherste Verkehrsmittel – aber nicht das gesündeste. Die engen Reihen in der Economy-Klasse lassen sich ertragen, Schadstoffe in der Kabinenluft wohl kaum. Denn die können das Aerotoxische Syndrom auslösen: die Schädigung des Nerven- und Herz-Kreislauf-Systems mit möglicher Todesfolge. Darauf deutet eine Studie der Uni Göttingen hin. Im Blut und Urin von Flugpersonal fanden sich auffällige Konzentrationen von flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) oder deren Abbauprodukten. Diese stammen vermutlich aus verbranntem Kerosin oder Triebwerksschmierstoffen. Bereits 2009 fand das Institut Fresenius heraus, daß Kabinenluft das Nervengift Trikresylphosphat (TCP) enthält.

Nur Boeings Dream-liner reaktivierte bislang die alte Idee separater Frischluftturbinen.

Die vom Urlaubsflieger Condor in Auftrag gegebene Studie wurde jedoch erst 2014 bekannt. Fluggesellschaften spielen die Gefahr seither herunter. Gegenstudien konnten keine bedenklichen Giftkonzentrationen feststellen – wenn die Zapfluftsysteme, die die Kabinenfrischluft aus den Triebwerken absaugen, korrekt funktionieren. Separate Frischluftturbinen wurden vor Jahrzehnten aus Kostengründen abgeschafft. Nur Boeings „Dreamliner“ reaktivierte die Idee, doch die 787 wird außer bei TUI nur von ausländischen Airlines eingesetzt. Mehr als 663 Zwischenfälle aufgrund Kabinenluftkontamination registrierte die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung zwischen 2006 und 2013. Absturzgefahr habe nicht bestanden, aber eine schleichende Vergiftung sei nicht auszuschließen. Die Pilotenvertretung Cockpit fordert nun, die Triebwerkzapfsysteme auszutauschen – doch das dürfte die Ticketpreise nach Malle um einige Euro nach oben treiben.