© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/16 / 15. April 2016

Ehemaliges Stasi-Gefängnis Berlin-Höhenschönhausen
Dem Zeitgeist opfern
Detlef Kühn

Die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, das ehemalige Gefängnis der Staatssicherheit der  DDR, hat die größte Resonanz politischer Bildungsarbeit in Deutschland nach der Wende gefunden. Hunderttausende Besucher jedes Jahr bestätigen das Erfolgsrezept des Direktors Hubertus Knabe, sie von qualifizierten Mitarbeitern, die oft selbst Opfer der Stasi waren, durch das originalgetreu erhaltene Gefängnis führen zu lassen. Nichts ist erfolgreicher als der Erfolg, sollte man meinen. Dennoch wollen „Experten“ einer vom Bundestag eingesetzten Kommission jetzt die organisatorischen Strukturen gründlich verändern und die Gedenkstätte in einer neu zu gründenden Stiftung mit anderen Zuständigkeiten, neuem Namen und – so muß man vermuten – wohl auch mit anderem Leitungspersonal aufgehen lassen. Die Gedenkstätte wäre damit ihres Alleinstellungsmerkmals beraubt.

Der Verdacht drängt sich auf, daß vor allem Knabe getroffen werden soll, der zwar ein allseits anerkannter Kenner der Stasi-Materie ist, aber bei seinen Äußerungen nicht immer so zeitgeistkonform formuliert, wie manch einer sich das wünscht. Dieser Kommissionsvorschlag sollte schnell in der politischen Versenkung verschwinden.






Detlef Kühn war von 1972 bis 1991 Präsident des Gesamtdeutschen Instituts in Bonn.