© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/16 / 22. April 2016

Blick in die Medien
Trojaner: nahezu unbrauchbar
Tobias Dahlbrügge

Die Planung des „Bundestrojaners“ begann 2005. Damals war Otto Schily noch Innenminister. Nach jahrelangem Hickhack wurde das Programm zur heimlichen Durchsuchung von Computern im Februar endlich fertig – zur Freude von Ermittlern und zum Schrecken von Datenschützern.

Doch nun stellt sich heraus, daß die angekündigte Kriminal-Kanone eher eine Wasserpistole ist: Fahnder von Polizei und Verfassungsschutz sind enttäuscht. Die erste Version wurde vom Bundesverfassungsgericht kassiert, weil sie zuviel konnte – die überarbeitete Version kann offenbar nur noch lächerlich wenig.

Internet-Telefonie („Voice over IP“) läßt sich damit nur abhören, wenn die Verdächtigen über den Dienst Skype kommunizieren. Und das auch nur bei Computern mit Windows-Betriebssystem, an Apple und Linux haben die Programmierer nicht gedacht. Der – auch bei Kriminellen – wesentlich beliebtere Messengerdienst WhatsApp wird von der Spionagesoftware nicht unterstützt! Die größte Panne: Der Trojaner funktioniert nicht auf Smartphones und Tablets! Damit ist er zur „Quellen-Telekommunikationsüberwachung“ (TKÜ) „nahezu unbrauchbar“, zitiert Die Welt den Bund Deutscher Kriminalbeamter.

Das Ministerium wollte sich zu der Nullnummer ebensowenig äußern wie zu den Kosten. 

Nun soll es die Privatwirtschaft richten: Laut Welt habe die Bundesregierung eine Lösung beim deutsch-britischen Unternehmen Gamma International bestellt, das die Überwachungs-Suite „FinSpy“ herstellt. Ob diese allerdings wiederum von den Karlsruher Richtern freigegeben wird, ist ungewiß.

Das Ministerium von Thomas de Maizière wollte sich zu der Nullnummer ebensowenig äußern wie zu den bisher entstandenen Kosten. Das Theater erinnert stark an den Berliner Flughafen. Die Betreiber der Kritiker-Seite „bundestrojaner.net“ juxen: „Laden Sie sich den Bundestrojaner jetzt herunter und erhalten Sie ein Jahr Telefonüberwachung gratis dazu!“ Extremisten und Kriminelle haben gut lachen.