© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/16 / 29. April 2016

Auf die orientalische Gelassenheit einstellen
Zusammenprall der Kulturen: „Ein Hologramm für den König“ von Tom Tykwer mit Tom Hanks in der Hauptrolle
Wolfgang Paul

Unter den deutschen Regisseuren ist Tom Tykwer ein Schwergewicht. Der 50jährige Autorenfilmer, der einst Lola rennen ließ, stemmt mittlerweile Großproduktionen wie „Das Parfüm“ nach Patrick Süskinds Bestseller und „The International“ – da ist der Titel schon Programm. Und er pflegt den Anspruch, die Zuschauer über das rein narrative Kino hinauszuführen. Nach seinem überladenen Ausflug durch die Jahrhunderte in der Literaturverfilmung „Cloud Atlas“ (JF 47/12), den er zusammen mit den Wachowski-Geschwistern unternahm, landet er nun – erneut mit Tom Hanks in der Hauptrolle – im arabischen Wüstensand.

In „Ein Hologramm für den König“ ist Hanks als der amerikanische Geschäftsmann Alan Clay in Saudi-Arabien unterwegs, um dem König die allerneueste amerikanische Kommunikationstechnologie zu verkaufen. An dem Auftrag hängt das Wohl der Herstellerfirma, und für Clay scheint er die letzte Chance zu sein, dem Abstieg aus dem gesellschaftlichen Mittelstand zu entgehen. Er kämpft um seine berufliche Existenz fernab der Heimat, was mit einem gewissen Verfremdungseffekt verbunden ist. Denn der auf Schnelligkeit getrimmte Amerikaner muß sich erst einmal auf die orientalische Gelassenheit einstellen. Für die tollen Hologramme, die man dem König vorführen will, braucht das eingeflogene Expertengrüppchen einen Internet-Anschluß, der zunächst nicht funktioniert. Desgleichen ist von der Klimaanlage im benötigten Zelt zu vermelden. Zudem läßt sich der zuständige Projektleiter verleugnen, und der König ist permanent zu anderen Terminen unterwegs. Da sind Neben- und Auswege an der Empfangsdame vorbei gefragt.

Bei der Lektüre des 2013 auf deutsch erschienenen Romans von US-Autor Dave Eggers, der als Vorlage diente, hat es Tykwer besonders gereizt, diesen Stillstand, in dem sich Alan befindet, filmisch zu beschreiben. Er habe in dem Buch eine Komödie versteckt gesehen, die er deutlicher hervorheben wollte. Und tatsächlich trägt das Spiel von Tom Hanks komödiantische Züge, wenn er sich in einer fremden Welt, die nach bekanntem Klischee zwischen Tradition und Moderne gezeigt wird, zurechtfinden muß. Da umgehen die Ausländer hinter verschlossenen Türen das Alkoholverbot großzügig und feiern wild. Alan wird einmal sogar durch Mekka chauffiert, weil die Einheimischen die Autobahn-Ausfahrt für Ungläubige verpaßt haben.

Politisch aktuell, doch am Ende naiv

Das Aufeinanderprallen zweier Kulturen ist eben auch ein Grundthema des Films. Alan bleibt ja nicht einfach im Sand stecken, sondern er kämpft mit seinen Problemen mitten im sunnitischen Stammland – politisch aktueller geht es kaum. Die Frage ist nur, wie Tykwer mit diesem Thema umgeht. Zunächst erzählt er in einem heiteren Ton, der durchaus gefallen kann. Doch wenn der Film am Ende mit einer Liebesgeschichte die Gegensätze aufzuheben versucht – übrigens viel optimistischer als die Romanvorlage – kann man über so viel Naivität nur ungläubig mit dem Kopf schütteln.

Kinostart: 28. April 2016 http://einhologrammfuerdenkoenig.x-verleih.de/