© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/16 / 06. Mai 2016

Mit Unterstellungen Täter des Holocaust präsentieren: Umkehr der Beweislast
Überzeugungen auf dünnem Eis
(dg)

Die Yad Vashem Studies, eine international renommierte israelische Zeitschrift, die sich der Erforschung des Völkermords an den Juden Europas widmet, wandelt nicht selten auf dem schmalen Grat zwischen Geschichtspolitik und Geschichtswissenschaft. Daher scheinen Abstürze, die die Suche nach historischer Wahrheit durch moralistische Anklagen ersetzen, nicht immer vermeidbar zu sein. Wie der 2014 in den Studies veröffentlichte Beitrag der deutschen Historikerin Cordelia Hess über den Königsberger Staatsarchivar Kurt Forstreuter (1897–1979) zeigt. Der angesehene Historiker Ostpreußens soll sich nach Hess’ Überzeugung nicht nur an „Übergriffen“, faktisch Raub und Plünderung, während seiner Einsätze im „Archivschutz“ im besetzten Polen beteiligt haben, sondern in die Deportation und sogar in die Ermordung von Polen und Juden „involviert“ gewesen sein. Wie eine akribische quellenkritische Studie von Arno Mentzel-Reuters, Leiter der Münchner Monumenta-Bibliothek und Vorsitzender der Historischen Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung, jedoch jetzt nachweist (Preußenland, 6/2015), folgt die mit plumper Beweislastumkehr arbeitende Hess nur jener von Götz Aly inaugurierten „Entlarvungs“-Literatur, die mit Unterstellungen Täter präsentiert.  


 www.yadvashem.org