© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 20/16 / 13. Mai 2016

EU-Türkei-Vereinbarung
Wie eine Kettenreaktion
Michael Paulwitz

Wie in einer Kettenreaktion produziert der Asyl-Alleingang der Bundeskanzlerin fortlaufend neue Absurditäten. Zum Beispiel die von der EU-Kommission vorgeschlagene „Reform“ des Asylsystems: Das Dublin-System, dem Frau Merkel vergangenen Sommer beiläufig den Todesstoß versetzt hat, soll mal wieder um die Zwangsverteilung illegaler Einwanderer auf alle Mitgliedsstaaten „ergänzt“ werden. Wer nicht mittut, zahlt eine Viertelmillion Strafe – pro „Flüchtling“. 

Absehbar, daß auch diese Zumutung auf den erbitterten Widerstand der souveränitätsbewußten Osteuropäer stoßen wird. Statt diesen solidarisch bei der unpopulären Aufgabe beizustehen, Europas Außengrenzen abzuriegeln, kanzelt die deutsche Regierungschefin sie moralisch ab und begibt sich auf Gedeih und Verderb in die Hände des türkischen Präsidenten Erdogan. 

Der baut, während Brüssel und Berlin ergeben schweigen, nicht nur sein Land noch zügiger zur unberechenbaren orientalischen Despotie um, er hat sich mit der Visafreiheit für türkische Staatsbürger auch noch einen Generalschlüssel für die Steuerung der Migrationsströme nach Europa erpreßt. Angela Merkels verstockte Weigerung, notwendige Entscheidungen selbst zu verantworten, spaltet die EU gründlicher, als es ihre ärgsten Feinde je vermocht hätten.