© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 20/16 / 13. Mai 2016

Thomas Strobl. Ausgerechnet der ehemalige Konservative verhilft den Grünen zur Macht
Der Kellner
Michael Paulwitz

Wo die Macht winkt, findet sich schon die passende Gesinnung: Kaum einer lebt das ungeschriebene Grundgesetz der Union so ungeniert wie Thomas Strobl. Mit der ersten grün-schwarzen Koalition hat der wendige Strippenzieher das epochale CDU-Wahldesaster im Südwesten zum persönlichen Karriere-Turbo umfunktioniert.

Warmgelaufen fürs Regieren mit den Grünen hat er sich, seit er den 2011 abgewählten Ministerpräsidenten Stefan Mappus als CDU-Landeschef beerbte. Da war aus Strobl über Nacht ein urban-progressiver „Modernisierer“ geworden, der Baden-Württembergs CDU mehr Frauenförderung verordnete und für das Homo-„Ehegatten“-Splitting eintrat. Und während Spitzenkandidat Guido Wolf im Landtagswahlkampf auf verlorenem Posten unbeholfen noch eine asylpolitische Viertelwendung probte, gab Strobl den nibelungentreuen „Wir schaffen das!“-Merkelianer.

Wieder aufs richtige Pferd gesetzt! 1996 durch die Ehe mit Wolfgang Schäubles Tochter Christine in den mächtigsten Clan der Landes-CDU eingeheiratet, dann Bundestagsmandat für seine Vaterstadt Heilbronn am Neckar, Generalsekretär im Südwesten, Landeschef, Merkel-Vize und stellvertretender Fraktionsvorsitzender im Bundestag.

Vernetzung ist eben alles. Und der richtige Riecher macht auch aus Rückschlägen Erfolge. 2014, als Kretschmann noch als Irrtum und die Erneuerung des schwarzen Ministerpräsidenten-Abos nur als Formsache erschien, wollte Strobl selbst Spitzenkandidat werden, die Basis zog aber den kuscheligen Wolf vor. Jetzt hat der die Verliererkarte, und Strobl läßt sich als grün-schwarzer Hoffnungsträger feiern.

Und sammelt nun doch – jetzt eben Kretschmanns Kellner – als  Innenminister und Vize-Ministerpräsident dringend benötigte Regierungserfahrung. Bundesminister – die Trophäe fehlt nämlich noch. Bisher steht dem aber der sonst so karriereförderliche Schwiegervater im Weg: Zwei aus einem Clan an Merkels Kabinetts­tisch, das geht dann doch nicht.

Lang vergessen, daß Strobl vor vierzig Jahren als Konservativer gestartet war: Die Anti-Juso-Schülergruppe, die er mit 16 gründete; der Heidelberger Waffenstudent, dem ein Faible für kernige Gesänge nachgesagt wurde; ein solcher fand sich, zur Empörung der Linken, noch im CDU-Liederbuch, das er als Landes-General verantwortet hatte.

„Sich weiterentwickeln“, damit wischt der 56jährige Jurist seine Vergangenheit beiseite. Wenn’s danebengeht, die Landes-CDU 2021 das nächste Desaster einfährt, hat Strobl – politisches Chamäleon bis hin zu seiner penetranten Koalitionsverhandlungs-Garderobe in Grün – sich schon für eine schwarz-grüne Bundesregierung empfohlen. „Erst das Land, dann die Partei, dann die Personen!“ Wenn Strobl Erwin Teufel zitiert, dann meint er das gerade andersherum.