© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 20/16 / 13. Mai 2016

Knapp daneben
Frauen an die Front
Karl Heinzen

Wenn sich die Staats- und Regierungschefs der Nato in wenigen Wochen auf ihrem Warschauer Gipfel zum obligatorischen Familienfoto aufstellen, dürfen sie zufrieden in die Kameras lächeln. Gemeinsam haben sie das Bündnis in den vergangenen zwei Jahren in einer Weise wiederbelebt, die diesem niemand mehr zutrauen wollte. Die Nato hat unter Beweis gestellt, daß sie sicherheitspolitischen Bedrohungen nicht allein mit Konferenzen und Deklarationen entgegenzutreten weiß.

Einen Einblick in den Stand seiner neuerlichen Mobilmachung hat das Bündnis vor wenigen Tagen erlaubt. 200 Teilnehmer aus 17 Mitgliedstaaten und zwei Partnernationen gingen im Nato-Hauptquartier in Brüssel beim ersten Solidaritätslauf unter dem Motto „She Runs, He Runs, We Run“ an den Start, um die Aufmerksamkeit auf die Resolution 1325 des Uno-Sicherheitsrates zu lenken, in der im Oktober 2000 dazu aufgerufen wurde, die Rechte von Frauen in Konflikten zu schützen und diese gleichberechtigt in Friedensverhandlungen, Schlichtung und Wiederaufbau einzubeziehen.

Als Frauen die Bühne der politischen Geschichte betraten, fielen die Schranken der Ritterlichkeit

Die neue Akzentsetzung ist vor allem dem Vorsitzenden des Nato-Militärausschusses, Petr Pavel, zu verdanken. Seitdem der tschechische Vier-Sterne-General im Juni 2015 sein Amt angetreten hat, läßt er keine Gelegenheit ungenutzt, das Bündnis für Frauenemanzipation in Stellung zu bringen.

Als Frauen vor mehr als zwei Jahrhunderten die Bühne der politischen Geschichte betraten, fielen die Schranken der Ritterlichkeit, mit denen sich einst Konflikte hegen ließen. Schon in der Französischen Revolution waren es die „Strickweiber“, die unter der Guillotine standen und immer mehr Blut forderten. Bei allen Massakern und Kriegsverbrechen der jüngeren Geschichte waren Frauen die fanatischsten Einpeitscher und die grausamsten Täter.

 Die Widersacher der Nato mögen daher über die paar Soldaten lachen, die sie mit schlechter Ausrüstung und langen Reaktionszeiten aufbieten kann. Die Frauen jedoch müssen sie fürchten. Wo Frauen ins Spiel kommen, droht nicht ein Kalter, sondern ein Totaler Krieg.