© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/16 / 20. Mai 2016

Widerstand wirkt
Wir dürfen nicht zulassen, daß eine radikale Minderheit Andersdenkenden ihre Rechte streitig macht
Michael Paulwitz

Wieder mal blieb nur der Gang vor Gericht: Erst ein Machtwort des Landgerichts München brachte den Wirt des „Hofbräukellers“ in der bayerischen Landeshauptstadt dazu, einen alltäglichen Vertrag zu erfüllen und dem AfD-Kreisverband München-Ost sein Lokal für eine Veranstaltung mit Bundessprecherin Frauke Petry zur Verfügung zu stellen – so wie es schriftlich vereinbart und bestätigt war.

Der Vorwand für den versuchten Rückzieher des Wirts, er dulde in seinem Haus keine „rechte Gesinnung“, war nur eine rituelle Verbeugung vor dem Zeitgeist. Er sorge sich auch um die „Sicherheit“, gab der Pächter zu Protokoll, wohlweislich verschweigend, daß die Gefahr nicht von den plötzlich unerwünschten Gästen ausgeht, sondern von Linksextremisten, die mit Gewalt und Randale drohten, sollte die mißliebige Veranstaltung tatsächlich stattfinden.

In diesem Fall hat die legale Gegenwehr zum Erfolg geführt, konnte die Partei ihr Recht auf Versammlungsfreiheit mit den Mitteln des Rechtsstaats durchsetzen. Absehbar ist freilich auch, daß der „Hofbräukeller“ schwerlich noch einmal einen Vertrag mit der AfD abschließen wird. So wie viele andere Gastwirte landauf, landab, im Norden wie im Süden, in großen Städten wie in der tiefsten Provinz, in einer Mischung aus vorauseilender politisch korrekter Beflissenheit und blanker Einschüchterung lieber auf ein lukratives Geschäft verzichten, als sich mit intoleranten lokalen Politgrößen oder militanten linksextremen Gesinnungsterroristen anzulegen.

Dieses Grundrauschen hat nahezu jede relevante konservative Gruppierung, die sich rechts der grün-linken Meinung bewegt, schon einmal zu spüren bekommen. Es vervielfacht die Wirkung des offenen Straßenterrors, den gewaltbereite Linksextremisten immer ungenierter entfalten, wenn sie Demonstrationen zu Straßenschlachten entarten lassen, AfD-Politiker, Verbindungsstudenten oder Lebensschützer überfallen und tätlich angreifen, sie mit ehrabschneiderischen Denunziationen öffentlich an den Pranger stellen, ihre Wohnungen, Büros, Autos angreifen, beschädigen, beschmieren oder zerstören. 

Mit dem Ergebnis, daß die solcherart Verfolgten im öffentlichen Raum zunehmend stigmatisiert sind und gemieden werden, bei der Suche nach Veranstaltungslokalen, Büroräumen oder selbst Wohnungen bisweilen auf schier unüberwindliche Schwierigkeiten stoßen und einen erheblichen Teil ihrer Ressourcen auf die Prävention und Abwehr solcher Angriffe und auf die Beseitigung der zugefügten Schäden verwenden müssen.

Eine gefährliche Entwicklung: Sie läuft darauf hinaus, daß eine radikale Minderheit, die bewußt und skrupellos Recht und Gesetz bricht, in willkürlicher Selbstermächtigung Andersdenkenden ihre Bewegungsfreiheit und die Wahrnehmung ihrer Verfassungsrechte streitig macht. Man arrangiert sich mit der als falsche Normalität hingenommenen Gewalt, so daß die bloße Drohung damit genügt, Wirte, Vermieter, gesellschaftliche und politische Akteure oder Geschäftspartner zum erwünschten Verhalten zu nötigen.

Die faktische Aushebelung von Teilen der Rechtsordnung durch Anwendung und Androhung von Gewalt hat inzwischen Dimensionen angenommen, die auch vormals Gleichgültige und Unbeteiligte zu Gegenreaktionen veranlassen. Auch im Parteien-Establishment gibt es unbeugsame einzelne wie den Berliner SPD-Politiker Tom Schreiber, die sich der Kampfansage gewaltbereiter Linksextremisten an den Rechtsstaat entgegenstellen. In den Leitmedien mehren sich Stimmen wie die des FAZ-Autors Markus Wehner, der jüngst auf einer ganzen Zeitungsseite die eskalierende linksextreme Gewalt gegen AfD-Politiker anprangerte und eine öffentliche Debatte darüber anmahnte.

Das „Messen mit zweierlei Maß“ bei links- und rechtsextremer Gewalt, das Wehner anprangert, ist in der Tat der Kern des Problems. Justiz und Sicherheitsbehörden ist die Herausforderung des linksextremen Polit-Terrors durchaus bewußt. Nach dem Brandanschlag auf ein Göttinger Verbindungshaus, der das Leben einer Familie gefährdete, reagierte der Polizeipräsident mit der Einrichtung einer Ermittlungsgruppe, die sich mit der rasant zunehmenden linksextremen Gewalt gegen Verbindungsstudenten und ihre Häuser schwerpunktmäßig befassen soll. 

Noch ist Deutschland von „Weimarer Verhältnissen“ oder von Zuständen wie in einem totalitären Unrechtsstaat weit entfernt. Der Rechtsstaat funktioniert und ist nicht wehrlos. Das zeigen Urteile wie die Münchner „Hofbräukeller“-Entscheidung, die massiven Polizeieinsätze zur Gewährleistung der Versammlungsfreiheit bei AfD-Parteitagen oder „Demo für alle“-Kundgebungen ebenso wie punktuelle Razzien gegen die linksextreme Szene in Berlin und anderswo.

Daß Polizei und Justiz dennoch so oft mit angezogener Handbremse agieren müssen, hat politische und gesellschaftliche Gründe: Zu viele Akteure in Politik und Medien sympathisieren klammheimlich oder offen mit den linken Gewalttätern, halten die Hand über sie und gewähren ihnen moralische, gesellschaftliche oder finanzielle Schützenhilfe. 

Die Kollaborateure sitzen auf allen Ebenen – vom Lokalpolitiker, der einen Gastwirt mit Boykottdrohungen nötigt, mißliebige Gruppen oder Parteien an die Luft zu setzen, über den SPD-Vize Ralf Stegner, der per Twitter dekretiert, man müsse das „Personal der Rechtspopulisten attackieren“, bis zu seinem Parteifreund Heiko Maas, der als Bundesjustizminister soziale Medien zensieren, aber das linksextreme Portal „indymedia“ unbehelligt zu Straftaten gegen AfD-Mitglieder und Burschenschafter hetzen läßt. 

Die überfällige Debatte darf sich nicht im Widerstand gegen linksextreme Gewalttäter erschöpfen, sie muß auch die Brandstifter und Schreibtischtäter beim Namen nennen, soll die weitere Erosion des Rechtsstaats noch aufgehalten werden.