© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 22/16 / 27. Mai 2016

Kohleprotest sorgt für parlamentarisches Nachspiel
Kriminalität: Die Besetzung des Braunkohlekraftwerks Schwarze Pumpe durch Linksextremisten beschäftigt die Landtage von Sachsen und Brandenburg
Felix Krautkrämer / Lukas Steinwandter

Nach den Ausschreitungen während der Besetzung des Braunkohlekraftwerks Schwarze Pumpe am Pfingstwochenende hat die sächsische CDU-Fraktion der Linkspartei eine Mitschuld an der Eskalation der Proteste gegeben. „Mit ihrer Mobilisierung für das sogenannte ‘Klimacamp’ ist die Linke für den Gewaltausbruch im Lausitzer Braunkohlerevier politisch mitverantwortlich“, sagte der energiepolitische Sprecher der Fraktion, Lars Rohwer.

Sowohl die CDU-Fraktion in Sachsen als auch im Brandenburgischen Landtag haben die Ausschreitungen auf die Tagesordnung im Parlament gesetzt. An diesem Donnerstag stehen die Ereignisse im Sächsischen Landtag in Dresden zur Debatte.

Der wirtschaftspolitische Sprecher Frank Heidan kritisierte: „Was hier geschehen ist, werden wir im Plenum besprechen! Wer zu derartigen Aktionen wie Grüne und Linke aufruft und daran aktiv teilnimmt, schadet dem Rechtsstaat und untergräbt das Vertrauen in die Demokratie. Das Ganze dann noch unter den Deckmantel des Klimaschutzes zu stellen ist ein Hohn.“

Die CDU distanziere sich von den Landtagsabgeordneten, die sich als „parlamentarische Beobachter“ ausgegeben und die Aktionen aktiv unterstützt hätten. Der Landtag habe keine Abgeordneten als „parlamentarische Beobachter“ der Proteste legitimiert. „Insofern betrachten wir das Verhalten der Abgeordneten als anmaßend!“ Als ein solcher „parlamentarischer Beobachter“ war der sächsische Linken-Abgeordnete Marco Böhme aufgetreten. Während der Besetzung des Kraftwerks durch militante Kohlegegner berichtete er begeistert auf Twitter von der Aktion. Böhme versorgte die Störer mit Wasser und Verpflegung. Auf einem Foto posierte er vor der besetzten Verladestation des Kraftwerks, eine Wasserpfeife rauchend, mit einer gelben Weste samt Aufdruck: „Parlamentarischer Beobachter“ sowie dem Logo und Schriftzug seiner Partei.

Die Vorwürfe der CDU wies Böhme als „haltlos“ zurück. Die „Aktivist*innen der sozialökologischen Energiewende“ sollten dadurch kriminalisiert werden, beklagte er. „Wer wie die CDU zivilen Ungehorsam als ‘Gewaltausbruch’ denunziert, hat nicht begriffen, wie die Zivilgesellschaft in der Demokratie funktioniert.“ Die große Mehrheit der friedlichen Besetzer habe keine Zerstörungen hinterlassen, sondern ein klares politisches Signal.

Das sieht der geschädigte Energiekonzern Vattenfall, dem das Werk Schwarze Pumpe gehört, allerdings anders. Die „kriminellen Gewalttaten der Kohle- und Systemgegner“ hätten „ihre Spuren“ hinterlassen, teilte das Unternehmen mit. „Mehrere manipulative Vorrichtungen an den Gleisen“ hätten darauf abgezielt, Züge entgleisen zu lassen. „Damit haben die Täter Straftaten begangen, bei denen sie billigend in Kauf genommen haben, daß Menschenleben gefährdet werden.“

Gefährlicher Eingriff in den Bahnverkehr

So sei beispielsweise ein Gleisstück einer Kohlebahnverbindungsbrücke über der Bundesstraße 97 manipuliert worden. Laut dem Konzern hätte ein Zug beim Entgleisen auf die Straße abstürzen können. Das Unternehmen habe kein Verständnis für die „begangenen massiven kriminellen Gewalttaten“, sagte Vattenfall-Sprecher Thoralf Schirmer dem RBB. 

Nach Angaben der Polizei wird gegen mehr als 130 Verdächtige wegen Landfriedensbruchs ermittelt, da sie Gewalt gegen Sachen und Personen ausgeübt hätten. Gegen 163 weitere Personen sei Anzeige wegen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr und Hausfriedensbruchs gestellt worden.

Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, hatte die Berichterstattung über die Proteste kritisiert. Die meisten Medien hatten die Störer, unter denen sich auch zahlreiche Anhänger der linksextremen Szene befanden, schlicht als „Aktivisten“ oder „Umweltschützer“ bezeichnet. „Es liegt leider im Trend der Zeit, daß Gewalt- und Straftäter, die sogar Polizisten attackieren, mit solchen verharmlosenden Etiketten belegt werden“, sagte Wendt der JUNGEN FREIHEIT.