© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 22/16 / 27. Mai 2016

CD-Kritik: Max Reger
Monstrum im Nebel
Jens Knorr

Die Wertschätzung, die ihm Arnold Schönberg und dessen Kreis entgegenbrachte, erwiderte Max Reger (JF 19/16) nicht. Dabei hatten die Freitonalen nur Konsequenzen aus Regers Komponieren zu ziehen begonnen, die Reger selbst nicht zu ziehen vermochte.

Seit Jahren in der Spur von Schönbergs „Verein für musikalische Privataufführungen“, durfte das 1977 gegründete Linos Ensemble dem Konzert für Violine mit Begleitung des Orchesters A-Dur op. 101 des in den Vereinskonzerten meistgespielten Komponisten nicht ausweichen. Die Bearbeitung von Rudolf Kolisch für Flöte, Klarinette und Horn, Streichquartett, Klavier und Harmonium löst viel von dem romantisch-historistischen Wabern um das einstündige „Monstrum“ (Reger) auf und behauptet die Modernität der freigelegten Faktur, ohne den wilhelminischen Nebel ganz lichten zu wollen.

Selbstlos lenken Winfried Rademacher, Violine, und die zehn anderen Musiker vom Linos Ensemble die Aufmerksamkeit des Hörers auf Regers komplexe Gewebe hin – aber auch von ihrer Kunst der Interpretation ab. So läuft ihnen die Symphonie mit konzertierender Violine unversehens auf das Normalmaß eines klassischen dreisätzigen Solokonzertes ein, dessen unaufgeregte Interpretation in keinem der drei Sätze „alle(n) degenerierten Gehirnfatzken“ (wieder Reger) irgend Anlaß gäbe, sich zu ärgern.

Max Reger Violinkonzert A-Dur op. 101. (arr. Kolisch) Capriccio/Deutschlandradio, 2016 www.linos-ensemble.de