© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 23/16 / 03. Juni 2016

„Barbarossa“: Lebensraumpolitik bremste „europäischen Freiheitskrieg“ aus
Politisches Totalversagen
(ob)

Weiterhin heftig umstritten, ob es ein lange geplanter Angriff zur Eroberung von „Lebensraum“ oder ein „Präventivschlag“ gegen die zur Eroberung Europas bereitstehende Rote Armee war, jährt sich am 22. Juni 2016 zum 75. Mal der Tag, an dem der deutsch-sowjetische Krieg begann. La Nouvelle Revue d’Histoire (5/6-2016) widmet dem letztlich den Zweiten Weltkrieg entscheidenden Ringen an der Ostfront ein Dossier, das den im deutschen Geschichtsdiskurs eher marginalisierten europäischen Kontext beleuchtet. So zeigt Luc Pauwels auf, in welchem Umfang die Reichsführung dabei versagte, militärische Anfangserfolge politisch auszunutzen. Das abstoßendste Beispiel biete das Vorgehen in der Ukraine, wo eine in den frühen Dreißigern durch Stalins „Hunger-Holocaust“ dezimierte Bevölkerung von den Deutschen die Befreiung vom bolschewistischen Terrorregime erwartet habe. Stattdessen sei die Ukraine zur deutschen „Kolonie“ degradiert worden, was auch die Rekrutierung freiwilliger Kämpfer erschwerte. Es wiederholten sich in gesteigertem Maß jene im Westen begangenen Fehler, wo, wie weitere Beiträge über die Légion des Volontaires Français und die im Sommer 1942 zur Teilnahme am  „europäischen Freiheitskampf“ aufgeforderten jungen Elsaß-Lothringer belegen, die repressive Besatzungspolitik eine effektive Ausschöpfung des Freiwilligen-Reservoirs verhinderte. 


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