© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 23/16 / 03. Juni 2016

Editorial
Dieter Stein

Schon 30 Jahre JF? Unglaublich. Es ist doch gar nicht so lange her, da begingen wir das letzte Jubiläum ... In der Redaktion rollen die Altgedienten mit den Augen: „Das haben wir doch alles schon x-mal berichtet, wie alles anfing ...“ Doch dann machen wir uns bewußt, wie viele Leser seit dem vergangenen Jubiläum neu dazugekommen sind. Wir rechnen nach: Über 10.000 zahlende Leser, die dies heute tun, haben uns vor fünf Jahren noch nicht gelesen!

Den 25. Jahrestag begingen wir 2011 mit einem umfangreichen Buch, in dem insbesondere die Aufbauzeit ausführlich beschrieben ist. Diesmal würdigen wir unseren Geburtstag mit einer optisch ausgefallenen Tabloid-Beilage. Wir freuen uns über prominente Grußworte und eine Reihe von programmatischen Beiträgen, die Kernthemen umreißen, die für das Profil der JF stehen.

Peter Gauweiler ruft in einem Beitrag den zähen juristischen Kampf in Erinnerung, den unsere Zeitung gegen das NRW-Innenministerium über zehn Jahre (1995–2005) letztlich erfolgreich bis vor das Bundesverfassungsgericht führte, um Eingriffe in die Pressefreiheit abzuwehren.

Seitdem ist mit unserem Titel um so mehr der Streit für Meinungs- und Pressefreiheit verbunden. Der Vormarsch des Internets, die Ausbreitung sozialer Medien und ihre wachsende Bedeutung für die politische Willensbildung wecken bei Konzernen und Regierungen erneut die Versuchung, in Meinungs- und Pressefreiheit einzugreifen.

Die Junge Freiheit sieht sich unverändert in der Pflicht, die Spannbreite der Meinungsfreiheit zu erweitern und zu verteidigen. Wir haben uns 2013 nicht umsonst den Untertitel „Wochenzeitung für Debatte“ gegeben, weil wir ein Defizit an offener Debatte, eine Unwucht im demokratischen Diskurs beklagen, der ein echtes Pro & Contra kaum zustande kommen läßt.

Das vergangene Jahr setzte die Frage der Demokratie und nationaler Identität im Zuge der außer Kontrolle geratenen massenhaften illegalen Einwanderung schlagartig auf die Tagesordnung. Themen, die von Anbeginn wie rote Fäden die Jahrgänge der JF durchziehen. Bis 1989 ging es bei der „deutschen Frage“ um die Wiedergewinnung der Einheit unserer Nation. Seit der Wiedervereinigung ringt Deutschland mit seinem wiedergewonnenen Gewicht in der Mitte eines zusammenwachsenden Europas – fliehen wir dabei vor unserer Identität oder kommen wir zu uns?

Wir haben früh vor der Auflösung des demokratischen Nationalstaates gewarnt – nun erleben wir europaweit seine Renaissance. Und das konservative Element kehrt zurück. Die Reserve gegenüber dem bedenkenlosen Abräumen von Traditionen, Werten, Beständen wächst und schlägt sich auch politisch nieder. Doch wo soll die Reise hingehen, wenn die alten Eliten versagt haben und sich der Wind dreht? Wir wollen mit unseren Beiträgen Orientierung geben und eine Kompaßnadel in unruhiger Zeit sein.