© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/16 / 10. Juni 2016

Neuer Stern am Polithimmel
Kommunalwahl in Italien: Virgina Raggi und ihre Fünf-Sterne-Bewegung brüskieren in Rom die Sozialisten / Gespaltene Rechte spielt nur eine Nebenrolle
Paola Bernardi

Ausgerechnet eine Frau stiehlt dem italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi am vergangenen Wochenende die Show: Bei den Kommunalwahlen erstrahlte in Rom ein neuer Stern am Polithimmel: die hübsche Anwältin Virginia Raggi von der Fünf-Sterne-Bewegung (M5S). 

Die 37jährige ging als Siegerin aus dem harten Rennen um den Bürgermeisterposten mit über 35 Prozent der Stimmen hervor. Ihr gefährlichster Konkurrent von der Linken, der sozialdemokratische Kandidat des Partito Democratico (PD), Roberto Giachetti, erhielt nur 25 Prozent der Stimmen und lag nur knapp vor der Kandidatin und Gründerin der postfaschistischen Partei Fratelli d’Italia, Giorgia Meloni. Der von Silvio Berlusconi eingesetzte Kandidat Alfio Marchini errang nur elf Prozent der Stimmen.

Zwar reicht das Ergebnis von Raggi noch nicht, um den Bürgermeisterposten einzunehmen. Sie muß sich also noch der Stichwahl am 19. Juni stellen, doch drohen ihr wohl kaum Überraschungen.

Bei den Kommunalwahlen haben mehr als 13 Millionen Italiener in 1.342 Gemeinden ihre Stimmen abgegeben. Auch in den Großstädten Mailand, Rom, Turin, Bologna und Neapel wurden neue Stadtverwaltungen gewählt. In keiner dieser Städte konnten die Linken auf Anhieb die absolute Mehrheit erringen, nicht einmal in ihren traditionellen Hochburgen wie Bologna oder Turin.In Mailand lief bis zuletzt ein Kopf-an- Kopf-Rennen zwischen dem einstigen Expo-Chef und Links-Kandidaten Giuseppe Sala und dem Berlusconi-Mann Stefano Parisi. 

Die größte Symbolwirkung dieser Wahl hat jedoch Rom. Die Hauptstadt, erschüttert von Mafia- und Korruptionsskandalen, die seit Herbst 2015 nur kommissarisch verwaltet wird, nachdem der linke Bürgermeister zwangsenthoben wurde, soll dann von einer Frau aus einer Protestpartei regiert werden. Für die Fünf-Sterne-Bewegung des europakritischen Kabarettisten Beppe Grillo ist dieser Sieg seiner Kandidatin ein klarer Durchbruch mit ansteigender Tendenz. Für die Grillo-Partei, die sich als einzige glaubwürdige und schlagkräftige Alternative zu Renzi sieht, galt diese Wahl auch als Generalprobe für das im Herbst anstehende Referendum über die von der Regierung vorgeschlagene Verfassungsreform. An diese knüpft Ministerpräsident Renzi sein persönliches Schicksal. Sollte seine Verfassungsreform scheitern, droht er mit Rücktritt. 

Die Rechte scheint unwiderruflich gespalten zwischen der als populistisch verschrienen Lega Nord und anderen Kleinparteien, die pauschal als „Lepenisten“ bezeichnet werden sowie den Resten der liberal-konservativen Anhänger von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi.