© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 25/16 / 17. Juni 2016

Zoff auf der Brücke
AfD II: Im Bundesvorstand knirscht es gewaltig / Kritiker werfen Petry „Eigenprofilierung“ vor
(vo)

Die AfD kommt an der Spitze nicht zur Ruhe. Über Jörg Meuthen schwebt bis zum kommenden Dienstag das Damoklesschwert einer Abstimmung in der baden-württembergischen Landtagsfraktion, die über sein Schicksal als deren Vorsitzender entscheidet. Zwei Drittel der 23 Abgeordneten müssen Meuthen folgen und den Ausschluß des wegen seiner früheren Veröffentlichungen in die Kritik geratenen AfD-Abgeordneten Wolfgang Gedeon befürworten (JF 24/16). Sollten sie ihm die Gefolgschaft verweigern, will Meuthen zurücktreten; eine Spaltung der Fraktion wäre dann wahrscheinlich. 

Noch sind die Mehrheitsverhältnisse in Stuttgart unklar. Im Hintergrund, so heißt es aus Parteikreisen, würden die Fraktionsmitglieder einzeln bearbeitet, um ihnen klarzumachen, was für die gesamte Partei auf dem Spiel steht. Immerhin stellten am vergangenen Freitag die Landesvorsitzenden der Partei gemeinsam ohne Gegenstimme fest, daß Gedeon mit seinen als antisemitisch eingestuften Aussagen „untragbar geworden“ sei und deshalb Fraktion und Partei verlassen müsse.

Meuthens Co-Vorsitzende Frauke Petry habe in dieser Affäre allerdings betont zurückhaltend agiert, behaupten innerparteiliche Kritiker. Und das, so die Mutmaßung, weil ihr ein geschwächter Meuthen ganz recht wäre – für das Ziel, die Partei als Spitzenkandidatin in den Bundestagswahlkampf zu führen. So hatten ihr die Vorstandskollegen Alice Weidel und Georg Pazderski in einem via Bild-Zeitung durchgestochenen internen Papier „Eigenprofilierung einzelner zu Lasten des Bundesvorstandes“ vorgeworfen. Für Zoff sorgte unter anderem Petrys medienwirksames Treffen mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache auf der Zugspitze am Donnerstag. Dies sei mit dem Vorstand nicht abgesprochen gewesen, behaupten mehrere Mitglieder; Petry beharrt darauf, dies sei sehr wohl der Fall gewesen. Weidel nahm ihre Kritik später zurück.   

Unterdessen herrscht in Sachen Gedeon zur Zeit einmütiges Schweigen. Anfragen der JUNGEN FREIHEIT an mehrere AfD-Bundes- und Landespolitiker – unter anderem mit der Bitte um eine inhaltliche Stellungnahme zu einzelnen Aussagen des in die Kritik geratenen Landtagsabgeordneten – blieben bis Redaktionsschluß unbeantwortet. Auch von Gedeon selbst erhielt die JF bisher noch keine Antwort.