© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 25/16 / 17. Juni 2016

EZB kauft nun auch Anleihen von Unternehmen der Eurozone
Fatale Machtkonzentration
Bruno Hollnagel

Gemeinhin wird unterstellt, daß niedrige Zinsen die Konjunktur beflügeln. Daran gemessen müßten die Negativzinsen zu drei oder vier Prozent Wachstum führen. Doch davon sind wir weit entfernt. Und die EZB kauft jetzt sogar Firmenanleihen. Durch das Corporate Sector Purchase Programme (CSPP) werden die Marktzinsen weiter gedrückt: Künstlich deswegen, weil die EZB kein Nachfrager ist, der Anleihen erwirbt, um Geld anzulegen. Willkürlich, weil die EZB einzig entsprechend ihrer Ziele handelt und dabei mit ihrer Marktmacht die natürlichen Marktkräfte aushebelt.

Das Verhalten der EZB führt absichtsgemäß zu unnatürlich tiefen Zinsen, die verheerende Wirkungen zeitigen: Das natürliche Verhältnis Zinsen/Risiken wird gestört, mit der Folge, daß Kapital fehlgeleitet wird; denn billiges Geld wird leichtfertiger ausgegeben. Ergebnis: geringere gesamtvolkswirtschaftliche Effizienz und Investitionsblasen, die in Krisen platzen.

Hohe Zinsen machen Kredite teuer und zwingen Staaten bei Kreditaufnahmen zu besonderer Umsicht. Bei niedrigen Zinsen entfällt dieser Disziplinierungsdruck und die Überschuldung nimmt – wie geschehen – zu. Steigen die Zinsen, geraten Staaten in Liquiditätsprobleme.

Die Zinserträge reichen nicht aus, um die Inflation und die Steuern zu decken. Sparen lohnt sich nicht mehr. Wird aber weniger gespart, so ist nicht nur die private Altersvorsorge gefährdet, sondern auch der Risikopuffer gegen Krisen: Die Wirtschaft wird anfälliger bei Krisen. Für Anleger, ob Private, Fonds oder Versicherungen, herrscht Anlagenotstand. Zudem sind Firmen-Pensionsfonds Zahlungsverpflichtungen eingegangen. Sie sind auf Zinserträge angewiesen. Reichen diese nicht aus, um die Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen, müssen die Ertragslöcher aus Gewinnen der Firmen bezahlt werden. Das schmälert ihre Investitionskraft und schwächt die Wirtschaft. Der Ausweg? Investitionen in risikoreiche Anlagen! Das aber gefährdet die Vorsorge.

Bekommen Banken für ihre Kredite nur geringe Zinsen, so müssen sie die Risiken gering halten, um noch Gewinne generieren zu können. Also vergeben sie Kredite nur an sichere Schuldner. Davon gibt es aber immer weniger. Die Folge: Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) sinken die Kredite an Unternehmen und Selbständige. Das dämpft die Wirtschaft und führt zugleich zu einer Beschleunigung wirtschaftlicher Machtkonzentration.

Wer keine Investitionsmöglichkeit sieht und keine Zinsen bekommt, wird Bargeld oder Gold horten oder Kapital aus dem Euroraum transferieren. Das schwächt die hiesige Wirtschaft. Das bittere Resümee: Zu niedrige Zinsen dämpfen die Konjunktur statt die Wirtschaft zu stärken. Die Krisenanfälligkeit steigt, weil sich Sparen nicht lohnt und Kapital auswandert.

Corporate Sector Purchase Programme:  www.ecb.europa.eu