© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 25/16 / 17. Juni 2016

Wortspielereien
Deutscher Sprachschatz: Ein Gedichtband von Günter B. Merkel
Thomas Paulwitz

Wort – Macht – Wort – Macht – Wort – …“ Wie ist diese Wortkette aufzulösen? Wortmacht? Machtwort? Wort macht Wort? Macht Wort Macht? Schon auf der Titelseite seines neuen Buches „Wort-Gewalt“ gelingt es dem wenig bekannten Dichter Günter B. Merkel mit einem Wortspiel, das Hintersinnige in den Vordergrund zu ziehen. Merkel beabsichtigt freilich gar nicht, die Wortkette zu zerreißen. Ein Schelm, wer Gutes dabei denkt. Und so umrahmt die Wortkette ein als Clown verkleidetes, herzhaft lachendes Kind. Die kreisförmige Kette hat keinen Anfang und kein Ende. Und kein Ende nehmen auch die Geistesblitze Merkels.

Gleich zu Beginn des Bändchens ruft der Wortkünstler dazu auf, die ganze Tiefe des deutschen Sprachschatzes zu nutzen. In dem Gedicht „Toll, toller, tollwütig“ wendet er sich nicht nur gegen den übermäßigen Gebrauch von selbst unter Lehrern beliebten Modewörtern wie „geil“ und „cool“. Er zeigt auch, wie vielfältig man sich statt dessen ausdrücken könnte. Über zu hochgestochenen Sprachgebrauch macht er sich hingegen an anderer Stelle in einem Zweizeiler lustig: „Die Masse Mensch schwitzt ungeniert – / Wer vornehm schwitzt, der transpiriert.“ Wie in dem Gedicht vom „Stellen-Wert“ sieht sich Merkel die Wörter genau an: „Man spricht heut’ viel vom Stellen-Wert, / Doch viele Stellen sind nichts wert / Und genau dies Defizit, / Spielt stellenweise übelst mit.“

Das Büchlein, das der Schiller-Nachfahre Dietrich Gondosch in bewährter Weise illustriert hat, bietet einen Querschnitt durch Merkels Schaffen und Können: vom großen Thema der Liebe bis zum politisch Unkorrekten. „Wehe dem, der … nach Erklärungen sucht; / Der wird von den Roten und Grünen verflucht.“ Die Bild-Zeitung bekommt als „Lügen-Blatt“ genauso ihr Fett weg wie die Verfechter der „intoleranten Toleranz“ und die Schriftsteller Günter Grass und Wislawa Szymborska. Auf die zweifelhafte Poesie und „dilettantische, peinliche Lyrik“ der beiden Literaturnobelpreisträger antwortet der „Hosen-Brillen-und-Krawattenträger“ Merkel mit Gegengedichten. „Reim-Kanzler“ Merkel läßt es also wieder nicht an Selbstbewußtsein mangeln. Seine eigene „Wort-Gewalt“ gibt ihm dabei recht.







Thomas Paulwitz ist Gründer und Chefredakteur der vierteljährlich in Erlangen erscheinenden Zeitung Deutsche Sprachwelt.

Günter B. Merkel: Wort-Gewalt. SWP-Buch-Verlag, Wilhelmsfeld, gebunden, 128 Seiten, 9,70 Euro, Kontakt: swp-buch-verlag@t-online.de; www.merkel-gedichte.de