© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 25/16 / 17. Juni 2016

Als der Blaue Max vom Himmel stürzte
Der Tod des Fliegerasses Max Immelmann löste im Juni 1916 im Deutschen Reich Bestürzung aus / Verschiedene Versionen über den Abschuß
Lydia Conrad

Bevor der legendäre „Rote Baron“ Freiherr Manfred von Richthofen ab September 1916 einen Luftsieg nach dem anderen errang, waren Oswald Boelcke und Max Immelmann die erfolgreichsten deutschen Jagdflieger des Ersten Weltkriegs. Dabei hatte der technisch sehr interessierte Immelmann seine Offizierskarriere in der sächsischen Armee eigentlich schon beendet, um Maschinenbau zu studieren. Allerdings mußte der 24jährige Dresdner dann im Sommer 1914 wieder einrücken und wurde gleich zur Pilotenausbildung abkommandiert.

Als Feldflieger in Frankreich gehörte Immelmann im Juni 1915 zu denjenigen, die den nagelneuen Jagdeinsitzer Fokker E.I testen durften, der ein ausgeklügeltes Unterbrechergetriebe besaß, das es ermöglichte, durch den Propellerkreis zu feuern. Mit dieser revolutionären Maschine erzielte der Reserveleutnant Anfang August seinen ersten Abschuß. Dem schlossen sich bald weitere Erfolge in den Luftkämpfen am Himmel über Lille an, in denen Immelmann zumeist an der Seite von Boelcke agierte und ein selbstentwickeltes Wendemanöver zeigte, welches die abrupte Änderung der Flugrichtung bei gleichzeitigem Höhengewinn erlaubte und den überraschten Gegner schlagartig ins Hintertreffen brachte.

Treffer durch die eigene Artillerie wahrscheinlich

Bis zum 12. Januar 1916 konnten beide Piloten je acht Luftsiege für sich verbuchen, woraufhin sie am gleichen Tage als erste Angehörige der deutschen Luftwaffe den Pour le Mérite, also die höchste preußische Tapferkeitsauszeichnung, erhielten, die später zu Ehren von Immelmann salopp „Blauer Max“ genannt wurde. Außerdem regnete es weitere sächsische, bayerische, hanseatische und sogar osmanische Orden für den äußerst disziplinierten Piloten, der weder rauchte noch trank und auch kein Fleisch aß.

Am 16. Mai 1916 gelang Immelmann der 15. Abschuß, dem zwei Wochen später ein Beinahe-Absturz folgte: Wegen Versagens des Unterbrechergetriebes zerschoß der mittlerweile von Freund und Feind als „Adler von Lille“ Apostrophierte den eigenen Propeller in tausend Stücke. Und genau dieses Malheur wiederholte sich dann möglicherweise am 18. Juni 1916. Am Abend jenes Tages griffen sieben britische Bomber die deutschen Stellungen bei Sallaumines an, woraufhin sie von den Jagdfliegern Mulzer, Oesterreicher, Prehn und Heinemann attackiert wurden. Außerdem startete auch noch Immelmann – nunmehr Oberleutnant sowie Führer des Kampf-Einsitzer-Kommandos III – und stellte kurz darauf einen F.E.2-Bomber, den er zur Bruchlandung zwang. Anschließend ging Immelmann in den Steigflug über. Dabei zerbrach seine Fokker plötzlich in etwa 2.000 Metern Höhe in zwei Teile, die weit voneinander entfernt im Frontbereich des Infanterie-Regiments „Lübeck“ bei Annay zu Boden gingen.

Der hierdurch verursachte Tod des Kriegshelden löste im Deutschen Reich große Bestürzung aus, zumal die Absturzursache reichlich nebulös blieb. So sprach die eigens eingesetzte Untersuchungskommission der 6. Armee zwar von einem neuerlichen Defekt der Nockensteuerung des Unterbrechergetriebes, doch ergaben die parallelen Recherchen des Konstrukteurs Anthony Fokker, daß die E.I von Geschossen zersiebt worden war. 

Dabei vermochte freilich niemand zu sagen, ob es sich tatsächlich um britische Projektile gehandelt hat, wie Captain George McCubbin und Corporal James Waller von der 25. Staffel des Royal Flying Corps behaupteten, womit sie später das Ende Immelmanns ihrem Erfolgskonto zuschrieben. Einiges deutet nämlich eher auf einen Treffer durch die eigene Artillerie hin, so daß der populäre Jagdpilot also auch „Friendly Fire“ zum Opfer gefallen sein könnte.