© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 26/16 / 24. Juni 2016

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler


Was für ein Konzertmonat! Iron Maiden in der Berliner Waldbühne (Streifzüge vom 10. Juni) folgte eine Woche später an gleicher Stätte Black Sabbath, und wiederum einige Tage danach stand der Metaller der Klassikwelt, Richard Wagner, mit seinem „Ring“-Zyklus an der Staatsoper auf dem Konzertplan. Allerdings mußte die Tetralogie, inszeniert von dem Belgier Guy Cassiers und dirigiert von Daniel Barenboim, dieses Mal zur Trilogie schrumpfen, denn parallel zur „Götterdämmerung“ am vergangenen Sonntag spielte auch Bruce Springsteen im Berliner Olympiastadion auf. Da heißt es, Prioritäten zu setzen. Und weil „The Boss“ so etwas wie mein Lebensbegleiter ist, entscheide ich mich selbstredend für ihn. Das erste Mal live erlebt habe ich ihn fast auf den Tag genau vor 31 Jahren, am 15. Juni 1985 im Frankfurter Waldstadion, danach mehrfach an verschiedenen Orten in Berlin, und immer ging es deutlich über drei Stunden. Dabei kommt der inzwischen 66jährige so bodenständig wie seit eh und je daher. Bei Springsteen-Konzerten gibt es null Firlefanz, weder eine Lichtshow noch Videoeinspieler, kein Feuerwerk, keine Hupfdohlen oder sonstiges schmückendes Beiwerk. Einfach nur hemdsärmelige, ehrliche Rockmusik. 


Das gilt gleichermaßen für Zakk Wylde, ehedem Gitarrist von Ozzy Osbourne, der am Montag dieser Woche in der Passionskirche in Berlin-Kreuzberg ein grandioses Solo-Konzert gab. Zeitweise spielte er sogar mitten im Publikum, buchstäblich auf Armlänge.  


Apropos Ozzy Osbourne und Black Sabbath: Alles Gültige zu ihrem letzten Auftritt in Deutschland und überhaupt hat bereits Matthias Matussek in der Schweizer Weltwoche (Ausgabe vom 16. Juni) geschrieben: „Mit dem ersten Riff von Black Sabbath öffnet sich das Tor zur Hölle, und die schwarze Lava bricht hoch heraus, zischend und donnernd, die Bühne steht in Flammen (…) Lebenslustig, die Satanei ist ein wilder Spaß.“ Und dem 67jährigen Ozzy Osbourne, dem „Prince of Dark-ness“, der angesichts seines exzessiven Lebenswandels als Überlebenskünstler gelten darf, attestiert er, zwar „nicht im herkömmlichen Sinne“ singen zu können, „aber er herrscht, unangefochten“. Auch das ist gut beobachtet. Selbst Krethi und Plethi zwei Reihen vor mir, die aussehen, als hätten sie sich auf dem Weg in eine Museumsausstellung verlaufen, lassen sich von dem Animateur Ozzy anstecken. Am Schluß ziehen alle in dem Bewußtsein, einem würdigen Schlußakt beigewohnt zu haben, mit einem glückseligen Lächeln um die Mundwinkel von dannen.