© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/16 / 08. Juli 2016

Der britische Aktienindex FTSE trotz Brexit im positiven Bereich
Weichwährungspolitik
Thomas Kirchner

Der britische Aktienindex FTSE liegt auch nach dem Brexit im positiven Bereich. In der Woche nach dem Referendum war er einer der wenigen europäischen Aktienmärkte, der keine Verluste erleiden mußte, sondern 3,8 Prozent zulegte. Selbst für Investoren, die in Euro rechnen, lief er trotz der Abwertung des Pfunds seit Jahresanfang besser als fast alle anderen europäischen Märkte.

Es ist ein bekanntes Phänomen: nach Abwertungen der Währung steigen die Gewinne von Exportunternehmen. Oft auf Kosten der ausländischen Konkurrenz. Neben Rohstofförderern stiegen Pharmafirmen (AstraZeneca, Shire) sowie Konsumgüterhersteller (Unilever, Diageo) aufgrund ihrer globalen Präsenz am stärksten. Auch ARM, deren Chips in Mobiltelefonen und Tablets stecken, konnten zehn Prozent zulegen. Auf der Verliererseite stehen Banken wie RBS, Reiseunternehmen (EasyJet, TUI) sowie Immobilienfirmen, die wahrscheinlich unter niedrigerer Nachfrage leiden werden. Während viele Experten die negativen Folgen des Brexit für die britische Wirtschaft betonen, sehen die Märkte die Lage weniger dramatisch: Sie gehen davon aus, daß die positiven Effekte aufgrund der niedrigeren Währung überwiegen werden. Ob ein Brexit den Zugang britischer Firmen zum europäischen Binnenmarkt wirklich erschweren wird, ist fraglich, denn sowohl die EU und ihre einzelnen Mitgliedsstaaten als auch Großbritannien sind Mitglieder der Welthandelsorganisation WTO, so daß aus Rache errichtete Handelsbarrieren bald zu einem juristischen Fiasko würden.

Doch aus dem nun niedrigen Pfund ergibt sich auch ein tatsächlich erhebliches Risiko: Die schwache Währung könnte wieder einmal institutionalisiert werden. Großbritannien galt als kranker Mann Europas, bis Margaret Thatcher das Inselreich reformierte und mit hohen Zinsen die Inflation bekämpfte. Eine Weichwährungspolitik in Hoffnung eines dauernden Exportbooms war immer und überall illusorisch.