© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/16 / 08. Juli 2016

DVD: Hotel Adlon
Noble Herberge
Werner Olles

Im Nachkriegsdeutschland der fünfziger Jahre entstand eine Reihe von Spielfilmen, die nicht nur handwerklich gekonnt, sondern auch um geschichtliche und politische Gewissenhaftigkeit bemüht waren. Dazu zählt auch Josef von Bákys „Hotel Adlon“, in dem der Regisseur erlebte Historie, Milieustudie und Gesellschaftsdrama zu einem Unterhaltungsfilm mit viel Atmosphäre verband. Zahlreiche Episoden aus der Chronik des legendären Berliner Luxushotels lassen dabei vier Jahrzehnte deutscher und europäischer Kultur- und Sittengeschichte Revue passieren, wobei die „Goldenen Zwanziger“ nicht zu kurz kommen.

1955 in Artur Brauners CCC-Studios in Berlin-Spandau entstanden – für die originalgetreuen Bauten zeichnete Rolf Zehetbauer verantwortlich –, schrieben Johannes Mario Simmel und Emil Burr ein Drehbuch nach den im gleichen Jahr erschienenen Memoiren von Hedda Adlon („Das Haus, in dem die Welt zu Gast war“). Aus der Sicht des jungen Paul Rippert (Sebastian Fischer), der kurz nach der Eröffnung im Oktober 1907 als Page ins „Adlon“ kommt und schon bald darauf die Hotelangestellte Ninette (Nelly Borgeaud) kennen- und liebenlernt, erzählt der Film episodenhaft die Geschichte der noblen Herberge und das Leben und Treiben seiner Bewohner und Bediensteten. Vom Mordanschlag auf den russischen Zaren Nikolaus über den Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914, den Tod des Hotelgründers Lorenz Adlon (Werner Hinz), der Zeit des Nationalsozialismus bis zum Kriegsende 1945, als das Haus aus ungeklärten Gründen völlig ausbrannte, erlebt Rippert Monarchen, mächtige Politiker, Wirtschaftsführer und kleine Gauner, heruntergekommene Künstler und verarmte Adlige und eine ebenso schöne wie raffinierte Hoteldiebin (Nadja Tiller), Glanz und glamouröse Ereignisse, aber auch Not, Leid, Trauer und Elend.

Nach 1945 – er ist inzwischen zum Hotelmanager aufgestiegen –, bricht schließlich eine neue Zeit an, die jedoch für Rippert auch neue Probleme bereithält …

Von Josef von Báky stilsicher inszeniert und mit großartigen Darstellern bis in die kleinsten Nebenrollen glänzend besetzt, gehört „Hotel Adlon“ zu jenen beliebten Nachkriegsfilmen, die heute noch ahnen lassen, warum so mancher sich wehmütig an diese aufregende Epoche erinnert.

DVD/Blu-ray: Hotel Adlon. Pidax Film 2016, Laufzeit etwa 97 Minuten