© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/16 / 08. Juli 2016

Knapp daneben
Bildung lohnt sich nicht
Karl Heinzen

Wer einen Studienkredit benötigt, um sich bis zum Examen über Wasser zu halten, braucht nicht mehr die Hamburger Sparkasse (Haspa) zu bemühen. Sie folgt dem Beispiel der Deutschen Bank und einer Reihe anderer Kreditinstitute und bietet diese Finanzierung nicht länger an.

Die Entscheidung kommt überraschend. Mit mehr als 9.400 Verträgen seit 2005 war die Haspa zwar nicht auf Augenhöhe mit den Branchenführern, lag aber ganz gut im Rennen. Und auch die Rahmenbedingungen schienen auf den ersten Blick immer günstiger zu werden. Die Zahl der Studenten wächst unaufhörlich. Der Wohnraum in den attraktiven Studienorten ist knapp, und die Mietpreise steigen. Das Studium ist dank europäischer Bildungsreformen verschult, gestrafft und mit Leistungsnachweisen und Praktika übersät. Da bleibt nicht nur wenig Muße, um das Studentenleben zu genießen, wie es vergangene Generationen noch ausgiebig tun durften. Vielen fehlt auch die Zeit, um sich durch einen Nebenjob etwas dazuzuverdienen.

Junge Leute werden, ehe sie Unfug anstellen können, erst einmal in mittelmäßigen Studiengängen geparkt.

Vielleicht hat die Haspa mit ihrer Entscheidung aber dennoch richtig gelegen und die Zeichen der Zeit erkannt. 2015 ist die Zahl der bei uns vergebenen Studienkredite bereits um mehr als zehn Prozent auf 53.000 zurückgegangen. Dies dürfte nicht daran liegen, daß bei den Studenten (oder ihren Eltern) plötzlich der Reichtum ausgebrochen wäre. Wahrscheinlicher ist, daß sie einfach ehrlicher zu sich selbst geworden sind, wenn sie nach einer Antwort auf die Frage suchen, welche Erwerbschancen ihnen ihr künftiges Leben wohl bieten wird. Deutschland ist nämlich dem Beispiel gefolgt, das ihm südeuropäische Partnerstaaten, aber auch Autokratien der islamischen Welt gegeben haben. Junge Leute werden, ehe sie Unfug anstellen können, erst einmal in mittelmäßigen Studiengängen geparkt. Haben sie den Abschluß in der Tasche, verschleißen sie sich bei der Jobsuche oder in prekären Beschäftigungsverhältnissen. Die nutzlose Bildung, die sie erwerben, ist zwar besser als gar keine Bildung. Es ist ihnen aber nicht zuzumuten, daß sie sich für so etwas auch noch mit Studienkrediten verschulden.