© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/16 / 15. Juli 2016

Blick in die Medien
Mehr „Bravo“ als Bundesregierung
Tobias Dahlbrügge

Die Infantilisierung der Gesellschaft hat die Bundesregierung erreicht. Die Staatsführung kommuniziert auf www.facebook.com/bundesregierung mit den Bürgern. Das ist mehrfach problematisch. Erstens fördert die Regierung mit ihrer Präsenz auf Facebook, Twitter, Instagram etc. die dahinterstehenden Unternehmen. Eine bessere kostenlose Werbung kann es für diese Konzerne kaum geben, als wenn es heißt: „Sogar die Kanzlerin nutzt xy.“

Zudem ist die Interaktion der Nutzer nicht transparent. Die Redaktion kann mißliebige Kommentare entfernen oder gewünschte verstärken, indem die Redaktion hinter positive Äußerungen über Merkels Politik ein „Gefällt mir!“ setzt. 

Wer sich beschwert, bekommt „Mit dem falschen Fuß aufge-standen?“ als Antwort.

Das Fragwürdigste ist aber der Tonfall, der auf dem Regierungsprofil herrscht. Der Leser hat das Gefühl, hier posten Schülerpraktikanten auf der Seite eines Lokalradios. Der Stil der Beiträge wechselt zwischen ranschmeißerisch-jovial und unangemessen flapsig.

So empört sich ein Nutzer über eine Lokalpolitikerin, die nach nur elf Tagen im Amt 2.500 Euro Rente erhält, obwohl sie erst Ende Dreißig ist. Dem Redaktionsteam, das Regierungssprecher Steffen Seibert untersteht, fällt nichts Klügeres ein als: „Wo, in welcher Kommune? Da müssen wir auch sofort hin!“ Dahinter ein Smiley. 

Ein anderer will wissen, warum manche Bundesländer sehr viele Feiertage haben, während in anderen „die Peitsche geschwungen wird“. Antwort der Bundesregierung: „Ihr Arbeitgeber schwingt die Peitsche? In welchem Business arbeiten Sie denn?!“ Es folgt wieder ein Zwinker-Smiley. Bürger, die sich geharnischt über Mißstände beschweren, dürfen lesen: „Mit dem falschen Fuß aufgestanden?“

Die acht zu Jux aufgelegten „Experten“ der „Einheit Social Media“ wurden aus dem Stab des Bundespresseamtes rekrutiert und haben den Steuerzahler bisher mehr als 200.000 Euro gekostet. Da kommt einem die Peitsche in den Sinn.